Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Gärtners Sonntagsfrühstück Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Niemandes Mutter, niemandes Vater

Epochal“, „grandios“, „schmerzhaft“ – nicht angezweifelt sei die Berechtigung der Pressehymnen auf den ZDF-Weltkriegs-Dreiteiler „Unsre Mütter, unsre Väter“, denn so grandios und epochal war die Zurechtfälschung der bekannten Nationalgeschichte ins bequem Nebelhafte aus Schicksal, Verblendung und Befehlsnotstand, daß nur der keine Schmerzen empfunden haben dürfte, der gelernt hat, noch den letzten vaterländischen Seich zu schlucken:

Ukraine, Sommer 1941. Zwei sympathische junge Wehrmachtssoldaten werden Zeuge, wie jüdische Zivilisten von ukrainischer (und also nicht deutscher) Hilfspolizei zusammengetrieben werden. Die sympathischen jungen Wehrmachtssoldaten sind entsetzt. Auftritt des sympathischen, eigentlich sehr vaterländischen, aber eben auch zusehends kritischen Leutnants, der sich das gegenüber einem SS-Offizier verbittet und ein kleines ukrainisches Mädchen (!) unter den Schutz der Wehrmacht (!) stellt, bis das geklärt ist. Kaum ist er weg, das zu klären, nimmt der schon viel weniger sympathische SS-Offizier die Pistole und schießt dem Mädchen in den Kopf. Die sympathischen jungen Wehrmachtssoldaten sind abermals entsetzt, einer von ihnen tritt eine halbe Filmstunde später auf eine Partisanenmine, der andere liest zwar Hesse, hat aber trotzdem die Idee, ein paar Bauern über das Minenfeld zu schicken: „Ich hatte recht. Der Krieg wird nur das Schlechteste in uns zum Vorschein bringen.“ Dann gehen alle trübe über Leichen.

Die kommentarseitig beklatschte Ehrlichkeit in puncto deutscher Soldatengrausamkeit ist freilich eine Nebelgranate, wo diese Grausamkeit eine funktionale ist – Krieg ist Krieg ist Krieg – und der Krieg aber als Verhängnis und „Geschick“ (Schiller), ja Pech erscheint, und es ist erstaunlich, wie konsequent der Film keine Nazis kennt und die paar, die er doch kennt, schon keine Menschen mehr sind. (Die böse Proletarierfrau, die an der Heimatfront in einer vormals jüdischen Wohnung lebt und sich abfällig und wüst berlinernd über das Judengesindel äußert, ist tatsächlich so geschminkt wie ein Zombie mit Tbc.) Die vier jungen Freunde, die unsere Mütter und Väter vorstellen und an deren Rolle als Kanonenfutter das Tableau keinen Zweifel läßt, sind jedenfalls gymnasial reizende Identifikationsangebote mit jüdischem Busenkumpel, die dann auch folgerichtig desertieren und sich für ihren guten Charakter an die Wand stellen lassen, und wenn die naiv führertreue, sympathische Lazarettschwester die jüdische Aushilfe denunziert, dann nur sehr schweren Herzens und um die fällige Wandlung zur Systemskeptikerin zu initiieren. Sie alle, einschließlich des intellektuellen Hesse-Fans, der zum Zyniker wird, bereitwillig Kinder erschießt und, statt die nächsten dreißig Jahre mit seinem Eisernen Kreuz zu renommieren, den ehrenhaften Freitod in russischen Garben wählt, sind, das ist die atemberaubend unverhohlene Suggestion, die wahren Opfer des Krieges: das junge Deutschland, das, „als die Welt aus den Fugen geriet“ (so die Doku im Anschluß kongenial), noch unschuldiger schuldig wurde als das volljährige unserer Opas und Omas, das ja auch nicht wußte, wo der Führer plötzlich hergekommen war.

... soll die Vergangenheit eine Zeit geworden sein, in der alle allen und nicht zuletzt sich selber Schreckliches angetan haben, was allen nachträglich furchtbar leid tut, aber keiner keinem nachträgt und vor allem sich selber nicht. Dann dürfen die Deutschen, die so vieles wiedergutgemacht haben, endlich Wiedergutmachung an Deutschland üben … Wer sich in der Tür der Gaskammer den Finger eingeklemmt hat, erzähle sein Leid und weine.“ Gremliza, 1995

Damals waren wir Helden. Heute sind wir Mörder“ – brav wird die Einsicht aufgesagt, und Deutschland hat, nachdem es seinen Obermördern (im Gegensatz zu seinen Zwangsarbeitern) jahrzehntelang die Pensionen gezahlt hat, seine Lektion jetzt auch wirklich gelernt; aber daß die polnischen Partisanen wüste Judenfeinde waren („Wir ertränken Juden wie Katzen“), die russische Soldateska die Hose schon aufhatte, wenn's nur weiblich roch, die denunzierte jüdische Ärztin nur überlebt hat, um als Sowjetkommissarin „Verräterinnen“ zu liquidieren, und der Berliner Obersturmbannführer nach Kriegsende schon wieder mittun darf, weil der Ami Leute braucht, darf, wo wir schon bei der geschichtlichen Wahrheit sind, dann keinesfalls unerwähnt bleiben.

Die letzten Opfer werden bald so tot sein wie die letzten Täter. Es ist schon jetzt kein Halten mehr. Die Geschichte wird, unter allgemeinem Applaus, bereinigt, und wenn es stimmt, daß Geschichte die Geschichte der Sieger ist, dann hat Deutschland den Krieg jetzt wirklich noch gewonnen.




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Dir, Tod,

gefiel es im Jahr 2010, im Abstand von einem Tag Bärbel Bohley (11. September) und Claude Chabrol (12. September) abzuberufen, worauf wir damals in unserer Online-Rubrik »Fakt vs. Frage« scharfsinnig spekulierten, als Nächstes treffe es nun wohl Dieter Dehm, Erhard Eppler und Frank Farian. Knapp daneben! Denn Frank Farian holtest Du erst dieses Jahr, am 23. Januar – nicht ohne vorher noch die Büchnerpreisträgerin Elke Erb (22. Januar) abzuräumen.

Und langsam durchschauen wir Dich, Gevatter: A darf leben, B und C müssen sterben; D darf leben, E und F müssen sterben …

Um es kurz zu machen: Gundula Gause ist, trotz ihres boulevardmedial großflächig breitgetretenen Schwächeanfalls vom Dezember (Bild: »total unnötig«, »hätte mich krankmelden sollen«), fürs Erste fein raus, während Heimatsänger Hansi Hinterseer und Malertochter Ida Immendorff sich lieber schon mal das letzte Hemd anziehen sollten. Stimmt’s?

Gruselt sich vor der Antwort: Titanic

 Bonjour, Marine Le Pen!

Bonjour, Marine Le Pen!

Das Potsdamer Treffen der AfD mit anderen extremen Rechten war selbst Ihnen zu heftig: Sie seien nie für eine »Remigration« in dem Sinne gewesen, dass Französinnen und Franzosen ihre Nationalität entzogen würde, selbst wenn die Einbürgerung unter fragwürdigen Bedingungen geschehen sei, meinten Sie und fügten hinzu: »Ich denke also, dass wir, wenn es denn so ist, eine krasse Meinungsverschiedenheit mit der AfD haben.«

Keine Ahnung, Le Pen, ob Sie mit dieser Haltung eine Chance aufs französische Präsidentenamt haben. Ministerpräsidentin von Thüringen würden Sie mit diesem Weichei-Schlingerkurs aber ganz sicher nicht!

Schon ein bisschen enttäuscht: Titanic

 Einfach mal kreativ sein, Rishi Sunak!

Der BBC sagten Sie: »Ich bin nicht sicher, ob sich die Leute so sehr für meine Ernährung interessieren, aber ich versuche, zu Beginn jeder Woche etwas zu fasten.« Wir glauben, dass Ihre Unsicherheit berechtigt ist: An Ihren Beliebtheitswerten kann man ablesen, dass sich das Interesse an Ihren Gewohnheiten in Grenzen hält.

Das ließe sich aber leicht ändern: Bei den ganzen verschiedenen Varianten wie TV-, Auto- und Plastikfasten gäbe es bestimmt auch für Sie etwas, durch das Sie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit »eight days a week« auf sich zögen. Wie wäre es z. B. mit Abschiebungsfasten, Verbrennerverbotverzögerungsfasten oder Zweiteamtszeitfasten?

Nur dass Sie gerade beim Thema »Neuwahlen« dem Verzicht huldigen, sollten Sie nach Ansicht der Mehrheit Ihrer Landsleute schleunigst ändern. Zwischendurch kann man sich doch auch ruhig mal was gönnen, oder?

Mampft Ihre Scones mit Clotted Cream und reichlich Marmelade gleich mit: Titanic

 Moin, Hamburger Craft-Brauerei ÜberQuell!

Dein Firmenname zeugt ja bereits von überschäumender Wortspiellust, aber so richtig freidrehend auf die Kacke haust Du erst bei den Bezeichnungen Deiner einzelnen Biersorten: Die heißen nämlich zum Beispiel »Supadupa IPA«, »Palim Palim Pale Ale«, »Pille Palle Alkoholfreies Ale« oder sogar »Franzbrewtchen Imperial Pastry Brown Ale«. Auweia!

Gerade bei Letzterem, das außerhalb Hamburgs von vielen gar nicht zu entschlüsseln sein dürfte, mussten wir, obschon viel gewohnt, dann doch schlucken, weil uns allein der Name innerhalb von Sekunden pappsatt und sturzbetrunken machte. Er erschien uns einfach zu brewtal, fast schon brauenhaft! Auf Dein Bier haben wir dann lieber verzichtet.

Aus der Ausnüchterungszelle grüßt trotzdem: Titanic

 Na, na, na, welt.de!

»Warum ›Barbie‹ klüger ist als alle anderen nominierten Filme zusammen«, titeltest Du in Deinem Feuilleton bezüglich der diesjährigen Oscar-Kandidaten. Allein: Wir haben noch mal den Taschenrechner gezückt, und wenn man auch die Dokumentar-, Kurz- und Dokumentarkurzfilme berücksichtigt, sind alle anderen nominierten Filme zusammen exakt 1,76 Klugheitspunkte klüger als »Barbie«.

Welches Medium dümmer ist als alle anderen Medien zusammen, braucht hingegen nicht nachzurechnen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Und das Brot erst!

Einen Krankenwagen rufen, ohne sich in Schulden zu stürzen, mehr Urlaubs- als Arbeitstage, Bier zum Frühstück: Deutschland ist toll. Mit solchen Takes können US-amerikanische Influencerinnen hierzulande natürlich punkten. Aber betreiben sie damit nicht einfach nur billiges Kraut-Pleasing?

Alexander Grupe

 Pandemisches Passionsspiel

Die Erfahrungen aus der Coronazeit wirken teils immer noch nach. So fragt man sich heute bei der Ostergeschichte: Hat Pontius Pilatus, als er seine Hände in Unschuld wusch, dabei zweimal »Happy Birthday« gesungen?

Jürgen Miedl

 Lauf, Junge!

Die Ordner bei einem Fußballspiel würden sich wesentlich mehr Mühe geben, wenn sie bei der Jagd nach dem Flitzer auch nackt sein müssten.

Rick Nikolaizig

 Authentisch

Jedes Mal, wenn mir ein bekennender Feinschmecker erklären will, wie aufwendig ein echt italienisches Risotto zubereitet gehört, habe ich das Gefühl, es würde stundenlang um den heißen Brei herumgeredet!

Mark-Stefan Tietze

 Nach Explosion in der Molkerei

Alles in Butter.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
21.03.2024 Bamberg, Konzerthalle Martin Sonneborn
21.03.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
22.03.2024 Bayreuth, Zentrum Martin Sonneborn
22.03.2024 Winterthur, Bistro Alte Kaserne »Der Unsinn des Lebens« mit Pause ohne Ende