Humorkritik | Mai 2018

Mai 2018

Die mit Abstand lustigste Zahl ist 123.
Prof. Dr. Christian Hesse, Ph. D.

Frauenwitz

Mit einer Coming-of-Age-Geschichte hat es »Lady Bird« zu einigen Oscar-Nominierungen gebracht, was ob gegenwärtiger Debatten auch an der Weiblichkeit der Verantwortlichen, zuvörderst jedoch an deren Gespür für Witz und Timing liegen dürfte. Denn zwar bedient sich Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig, die wie die 17jährige Protagonistin Christine »Lady Bird« McPherson (Saoirse Ronan) in der kalifornischen Hauptstadt Sacramento aufwuchs, einiger Klischees: homosexuelle Theater-Aficionados, ejaculatio praecox bei ersten Geschlechtsverkehrsversuchen, reiche, aber einfältige Freundinnen. Allein: Gerwig verwendet diese Klischees, genreuntypisch, gar nicht zur Komikerzeugung. Wichtiger sind ihr die Dialoge: »Ich wollte nur, daß es besonders ist!« – »Warum? Du wirst noch so oft unbesonderen Sex im Leben haben.« Dabei nimmt »Lady Bird« die Jugendlichen, ihre Träume und ihren Idealismus ernst: »Ich würde wirklich gern bei einer Mathe-Olympiade antreten.« – »Aber in Mathe bist du nicht unbedingt die Stärkste.« – »Nur nach jetzigem Stand.« Die Pointen tauchen meist genauso unvermittelt auf, wie Lady Bird sich armbrecherisch aus dem fahrenden Auto wirft, während ihr ihre lenkende Mutter (Laurie Metcalf) Vorträge über die Zukunft hält.

Es liegt also nicht nur an der »neuen«, i.e. weiblichen Perspektive, die zwar zu erkennen, aber keineswegs übermäßig akzentuiert ist, daß hier ein hübscher Film über die Adoleszenz entstanden ist. Nein, der junge Bursche Hans Mentz ist einfach angetan davon, wie fein Greta Gerwig, obzwar sie sich etliche Konventionen nicht zu brechen traut, der Melancholie ihrer ersten eigenständigen Regiearbeit Komisches untergeschoben hat.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt