Humorkritik | März 2017
März 2017
R a t t e n g i f t.
Heutzutage muß die Komik fein sein, so fein, daß man sie gar nicht mehr sieht; wenn dann die Zuschauer sie dennoch bemerken, so freuen sie sich zwar nicht über das Stück, aber doch über ihren Scharfsinn, welcher da etwas gefunden hat, wo nichts zu finden war. Überhaupt ist der Deutsche viel zu gebildet und zu vernünftig, als daß er eine kecke starke Lustigkeit ertrüge.
S c h u l m e i s t e r.
Ja ja, er lacht nicht eher, als bis er sicher ist, daß er sich nachher wird förmliche Rechenschaft zu geben vermögen, warum er gelacht hat!
Chr. D. Grabbe, »Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung«
Hier bricht der Dichter Eis
Und wenn Sie, trinkende Leser, von Dwile Flonking soeben zum ersten Mal gehört haben, dann mag es daran liegen, daß Ihnen das Dichten näher ist als das Turnen. Hausaufgabe war, wir erinnern uns, Ogden Nashs Poem »Reflections on Ice-Breaking« zu übersetzen, das aus vier knappen Zeilen besteht: »Candy / is dandy / but liquor / is quicker« (siehe TITANIC 2/17).
Dazu meint und reimt Herr Dennis Karrasch: »Süßigkeit / braucht ’ne Zeit / mit scharfem Trunk / geht’s hicks et nunc«. Dr. Andreas Maier empfiehlt: »Nimm2 / schmeckt fei / doch Sour / is’ schlauer« und entgegnet möglichen Einwänden: »Mit ›fei‹ meine ich hier nicht ›fein‹, sondern das im süddeutschen Raum gebräuchliche Füllwort. Was insofern paßt, als das Adjektiv ›dandy‹ ebenfalls eher informell gebraucht wird«, schon recht. Ähnlich kolloquial geht es K. Wollny an: »Mit Konfekt / wird geneckt / mit Wein / kommste rein!« Daß nicht nur die Erzeugnisse, auch die Erzeuger Lob verdienen, zeigt R. Wilhelm: »Vom Bäcker / is’ lecker / vom Brauer / is’ schlauer«, fügt aber auch noch artig eine treuere Übersetzung hinzu: »Pralinen / dienen / besser / sind Wässer.« »Süßes reichen / läßt Kälte weichen / Alkohol zugeführt / die Sache akzeleriert« behauptet Volker Schwarz, und da wir nun ohnehin anfangen müssen, uns die Zeilenlängen schönzutrinken, hier noch einen mit auf den Weg: »Konfitüren / mögen verführen / doch Spirituosen / öffnen die Hosen« (Rudolf Ditzen), und damit Schluß, denn selbst das Genie / schießt sich mitunter beim Reimen ins Knie / doch trinkt es / dann gelingt es.