Humorkritik | August 2017

August 2017

Die Erhabenheit ist einfach bekömmlicher, wenn man ihr eine Prise Quatsch beimischt.
Hermann Schlösser

Eine fürchterliche Welt

Ich habe mich redlich bemüht, das Vorurteil, das ich habe, wenn ein branchenbekannter Witzedieb sich mit einem mannigfaltig gescheiterten Politiker zu einer »Satire-Show« zusammentut, beiseitezuschieben. Altklug die Sinnlosigkeit eines solchen Schulterschlusses sowie meine Ressentiments gegen das deutsche Kabarett vor mir herzutragen, das wollte ich nicht. Gar keine Erwartungen sollten es sein. Aber selbst das war zuviel für Florian Schroeder (ARD) und Peer Steinbrück (SPD). Denn die beiden verfehlten alles, was die Begriffe Satire und Show bedeuten könnten.

Dies wollten sie laut Ankündigung im Kölner Tanzbrunnen präsentieren: »Politischer Satiriker trifft auf satirischen Politiker, zwei Generationen, zwei Welten, so fern und doch so nah. Die lustigste Wahlkampfveranstaltung des Sommers – garantiert ohne Wahlwerbung, Sonnenschirme und Kugelschreiberverteilung.« Das einzige, was daran uneingeschränkt stimmt: Es war eine Wahlkampfveranstaltung. Für einen Wahlverlierer, der sich mit Schmunzeleien vor sich selbst rehabilitieren will. Mit einem hofnärrischen Diener, der noch nicht mal diese einfache Aufgabe amüsant zu erledigen versteht.

Das aber natürlich vor ausverkauftem Haus, vor einem Publikum, das offensichtlich gar nichts mehr vom Leben erwartet. Man darf auch von einer Gruppe wohlsituierter Menschen über 60 durchaus verlangen, nicht in Klatschverzückung zu geraten, wenn Peer Steinbrück zum Beleg behaupteter Humorlosigkeit der Grünen zusammenhanglos verkündet: »Ich habe einen Negerkuß gegessen.« Auch sollte es nicht belohnend juchzen, wenn Schroeder Steinbrück als »sein Opfer« einführt, das sich hier dem »Täter« stellt; vor allem dann nicht, wenn das Konfrontativste, was Schroeder zustandebringt, ist, Steinbrück »Bankberater« zu nennen. Da prallen »zwei Welten« aufeinander, so gegensätzlich wie eineiige Zwillinge. Wenn sie denn für ihr bemüht lockeres Geplauder wenigstens eine einzige Pointe vorbereitet hätten – oder eine geklaut! Aber nicht mal soviel Mühe wollten sie sich machen.

Aber was soll ich weiter auf die Details eingehen. Ich habe es ja mit einem kundigen Publikum zu tun. Also kurz und schmerzvoll: Diese Veranstaltung ist so schlimm, wie Sie sie sich vorstellen. So schlimm, daß sogar der altersmilde Mentz beinahe aufgestanden wäre und etwas wie »Hier sind sämtliche Grenzen der Satire weit unterschritten!« hinausposaunt hätte. Aber noch nicht mal das sind die beiden wert.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg