Humorkritik | August 2016

August 2016

My dream in life is to write the one gag that makes everyone in the world laugh.
Jim Davis

Wer Wolfgang Welt war

Der Bochumer Schriftsteller, Rockjournalist, Biertrinker und glücklose Liebhaber Wolfgang Welt (1952–2016), der Buddy Holly verehrte, an Schizophrenie litt und noch als Erwachsener bei den Eltern unterm Dach wohnte, ist nicht direkt vom komischen Fach; aber bei seiner zwischen aufschreibenswert und unwichtig nicht unterscheidenden, sich via autobiographischer écriture automatique zum Lebens- als Musik- und Nichtentwicklungsroman fügenden Lokalprosa (im Doppelsinn) lassen sich Lacher gar nicht recht vermeiden: »Dann machte ich das Licht aus. Das Bier war alle. Ich strich ihr über die handlichen Titten, und sie ließ es über sich ergehen, dann fuhr ich ihr unter den Schlüpfer, aber sie sagte, nicht, ich kann nicht, ich muß immer an meinen Freund in Iserlohn denken.«

Während die kunstfrei kunstlose Juli Zeh wöchentlich anbauen muß, damit sie die ganzen Preise unterbringt, und der knüppeldumme Protokollant Knausgård an seiner Milliardenauflage strickt, hat sich für den kunstvoll kunstlosen »Lebensmitschreiber« (WAZ) Welt, dem wir nicht nur einen Blick aufs Ruhrgebiet der achtziger Jahre verdanken, sondern auch das erste Urteil über Heinz-Rudolf Kunze (»Eine Null. Er selber weiß es am besten«, 1982) kein größeres Publikum je interessiert. Dabei war der »Versager« (Welt) auf seine schüchterne Weise ein Pop-Autor, und nicht allein als Musikjournalist, der eine Zeitlang was galt, obwohl er nach eigener Auffassung gar keine Ahnung hatte, z.B. von Stevie Wonder: »Ich nahm die mitgebrachte Schreibmaschine und tippte fünf wirre Seiten, in denen ich besonders auf die sexuelle Überlegenheit der ›Neger‹ einging. Und abends holte ich mir dann auch einen auf meiner Mansarde runter, als ich My cherie amour hörte. Montags kopierte ich den Text in der Innenstadt und schickte ihn nach Berlin. Ich hörte nichts, ob die die Geschichte nahmen oder nicht. Sie kam in der Woche darauf tatsächlich raus, aber mein Name stand weder drüber noch drunter. Das fand ich seltsam. Vielleicht wollte man mich schützen?«

Welt blieb »ein Autor für die glücklichen wenigen, unter anderem Peter Handke und Dietmar Dath« (Tagesspiegel), und Handke rettete den Fan und seelenverwandten Dünnhäuter, der die letzten 25 Jahre Nachtportier im Bochumer Schauspielhaus war und sich selbst für so gar nicht »suhrkampesk« hielt, vorm Verschwinden ebendorthin. Durch den Erwerb nur zweier Bücher, »Buddy Holly auf der Wilhelmshöhe. Drei Romane« und »Doris hilft«, läßt sich Welt fast vollständig entdecken, eine letzte Erzählung (»Fischsuppe«) erschien 2014 im kleinen Engstler-Verlag. Wer also, sowenig wie Wolfgang Welt selbst, sonst nicht zu den glücklichen wenigen gehört: hier ist’s ganz einfach.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg