Humorkritik | Juni 2015

Juni 2015

»Ich kann euch auf der Stelle jede Menge Briten ohne einen Funken Humor zeigen.«
Eddie Izzard

Keine Kunst

Der erste von zwei Bänden zur »Kunst der Filmkomödie« (Mühlbeyer Filmbuchverlag) ist gut 440 Seiten stark und in einen an Themen und einen an Personen orientierten Teil gegliedert, wovon letzterer zwei Untergruppen nach dem Alphabet auflistet: die »Großen Filmkomiker« von Abbot bis Williams und die »Besten Komödienregisseure« von Almodóvar bis Zucker/Zucker. Die Autoren, Franz Stadler und Manfred Hobsch, geben sich betont volkstümlich und leserfreundlich – angeblich im Gegensatz zu Wissenschaftlern, die »ihre Erkenntnisse in ihrer für den normalen Menschenverstand unverständlichen Geheimsprache verklausuliert haben«. Nun, dem normalen Menschenverstand trauen Hobsch und Stadler offenbar nicht viel zu, auch neue Erkenntnisse oder originelle Ansätze mögen sie ihm nicht zumuten. Statt dessen arbeiten sie sich brav durch die Grundformen, -konstellationen und -themen komisch gemeinter Filme. Sogar die »20 Grundgags« haben sie katalogisiert.

Daß bei so grundsätzlicher Betrachtungsweise allerhand begriffliche Unschärfen und inhaltliche Widersprüche vorkommen, würde mich weniger stören, wenn denn wenigstens die Sprache den übelsten Klischees ausweichen wollte. Das tut sie nicht. Vom »Lachen, das im Halse stecken bleibt« über »Zwerchfellreizungen« und »höheren Blödsinn« bis zum »Feuerwerk aus Situationskomik« wird nichts, aber auch gar nichts ausgelassen. »Die Tragikomödie registriert das Filmgeschehen mit einem lachenden und einem weinenden Auge«, so, so. Wenn dann noch vom »tragischen Glanz der großen Kinoclowns Charlie Chaplin und Buster Keaton« die Rede ist, wird’s des Schlichten zuviel, zumal nicht einmal die Genregrenzen ordentlich gezogen werden: »Zazie dans le Métro« gilt hier als Satire, »A Fish Called Wanda« als Parodie, und im Dienste des hemmungslosen Namedroppings werden zu den »Großmeistern der europäischen Salonkomödie« nicht nur Molière und Oscar Wilde gezählt, sondern offenbar gleichrangig Ephraim Kishon und Curt Goetz. Dafür fehlen die zwei derzeit erfolgreichsten deutschen Komödienmacher Schweiger und Schweighöfer, beide Schauspieler und Regisseur in Personalunion.

Zur erhellenden oder vergnüglichen Lektüre taugt »Die Kunst der Filmkomödie« nicht. Als Nachschlagewerk ist das Buch mit Vorsicht zu gebrauchen. Und wer braucht denn heutzutage auch noch ein Nachschlagewerk? Ich nicht.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick