Humorkritik | Oktober 2014

Oktober 2014

Spaß im Museum

Totale auf eine riesige, mit Prachtkutschen und allerlei anderen historischen Fuhrwerken vollgeparkte Museumshalle. Eine kleine Frau steht verloren auf dem Parkett. Gräßliches Quietschen und Knarren quält den Gehörgang des Beobachters, woher kommt es? Die Kamera regt sich nicht. Endlich schraubt sich eine Hebebühne ins Bild, deren schrecklicher Krach allerliebst mit der vornehmen Zurückhaltung des Mitarbeiters kontrastiert, den sie befördert. Sie knarzt und kreischt sich bis knapp unter die Decke, dann stoppt der Mitarbeiter, hebt gravitätisch eine Platte aus der Decke und entnimmt dem darüberliegenden Hohlraum ein weißes Ding, das er einige Momente lang prüfend betrachtet. Wozu der ohrenbetäubende Aufwand? »Sechs Kleidermotten!« schreit er seiner untenstehenden Kollegin zu, die das Ergebnis samt Fallen-Kennzahl offenbar gewissenhaft in eine Tabelle einzutragen hat.

Die amüsante Szene stammt aus Johannes Holzhausens »Das große Museum«, einer Dokumentation über die kunsthistorische Sammlung Wiens. Seine leise Komik bezieht dieser Film aus der Betulichkeit, mit der die millionenwerten Schätze behandelt, restauriert, präsentiert werden, und der siebenschlauen Knallhärte, mit der man sie vermarktet. Mitunter artet er gar in Slapstick aus: Etwa, wenn ein greises Bürgerpaar dem Museum das Gewand des (Schwieger-)Papas, eines k.u.k. Hofkämmerers, stiften will – und der tapsige alte Sohn in Anzug und Bärchenkrawatte unter den ängstlichen Blicken der Museumsmitarbeiter alles antatscht, woran man eigentlich nur mit Handschuhen rühren dürfte. Im Überschwang fegt er dann sogar den väterlichen Diensthut vom Tisch. Ich jedenfalls habe nicht nur an dieser Stelle gekichert.

»Das große Museum« ist lustig, informativ, aufschlußreich und höchstens um ein Viertelstündchen zu lang geraten. Ab 16. Oktober läuft der Film in den deutschen Kinos.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick