Humorkritik | Januar 2014

Januar 2014

Buddyfilm, unecht

Buddy-, resp. Kumpelfilme folgen immer demselben Schema: Zwei möglichst unterschiedliche Typen werden durch ungewöhnliche Umstände aneinander gebunden, sie lernen sich kennen und erst am Ende auch schätzen. Das ist ziemlich absehbar, und ansehnlich wird ein Film dieses Genres erst durch die Hauptdarsteller: Tom Cruise und Dustin Hoffman etwa in »Rain Man«, Robert de Niro und Charles Grodin in »Midnight Run«, Lino Ventura und Jacques Brel in »L’emmerdeur« (»Die Filzlaus«) sind drei herausragende internationale Beispiele.

Auch in Deutschland haben sich von Heinz Rühmann und Hans Moser (»13 Stühle«) bis hin zu Til Schweiger und Jan Josef Liefers (»Knockin’ on Heaven’s Door«) einige passende Buddy-Paare gefunden.

Nun hat es auch Michael »Bully« Herbig mit Alexander »Goethe« Fehling versucht. Herbig hat selbst produziert, das Drehbuch geschrieben und Regie geführt – ein »echter Bully-Film« also? Das behauptet jedenfalls die Presseabteilung. Bisher verdienten drei Parodien dies Prädikat: »Der Schuh des Manitu«, »(T)raumschiff Surprise Periode 1« sowie »Lissy und der Wilde Kaiser«, Kassenerfolge in absteigender Linie. Herbigs letzten Auftritten in »Hotel Lux« von Leander Haußmann und »Zettl« von Helmut Dietl war wenig Erfolg beschieden, aber das waren ja auch keine echten Bully-Filme.

Für den Erfolg von »Buddy« tut Michael Herbig alles. Sogar sechs Folgen einer Sitcom hat er für Pro Sieben bereitgestellt: »Bully macht Buddy«, nach allen Regeln der Kunst und des Marketings, eine bunte Mischung aus »Seinfeld«, »Two and a Half Men« u. a. Der rüde Ton, der hier z. T. angeschlagen wird, weckt falsche Erwartungen. Denn »Buddy« ist ein Film, der sich im Dialog sehr zurückhält und ganz brav romantische Werte verkauft: Geld macht nicht glücklich, Liebe ist das höchste der Gefühle, Alter schützt vor Torheit nicht, Kindermund tut Wahrheit kund usw., kurz: Family-Entertainment, das sämtliche Geschlechts- und Altersgruppen mit eigenen Figuren abdeckt.

Herbig ist nicht nur ein geschickter Autor, auch als Produzent scheut er keinen Aufwand, um das Ergebnis wie geleckt aussehen zu lassen; und als Regisseur hat er jede Szene perfekt aufgelöst: Perspektiven, Brennweiten, Bildfrequenzen, Timing – alles stimmt.

Seine Hauptdarsteller hat er gut im Griff: Alexander Fehling bemüht sich redlich, das reiche Arschloch zu verkörpern, das er offensichtlich nicht ist. Mina Tander hat dagegen weniger Mühe, wie Nora Tschirner in »Keinohrhasen« auszusehen.

Und hier liegt für mich das Problem: So gut wie alles Gute in diesem Film kam mir bekannt vor – aus anderen Filmen. Von »Ghost« bis »Notting Hill«, von »James Bond« bis »Otto – der Film«, Michael Herbig läßt nichts aus, was schon einmal erfolgreich war.

Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder wollte er es diesmal zwingen, auch um den Preis der Originalität, oder er kann einfach nicht anders und muß zwanghaft parodieren. Das Dumme ist nur, daß »Buddy« keine Parodie sein soll, sondern unmittelbar zum Lachen bringen und Rührung erzeugen will.

Ob das funktioniert, bezweifle ich. Auch wenn sicher nicht alle Zuschauer das Synthetische an »Buddy« bewußt wahrnehmen – merken wird’s fast ein jeder, daß er hier mit Fließbandware nach Erfolgsrezept abgespeist wird.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg