Humorkritik | März 2011
März 2011
Die Piraten auf deutsch
Wenig weiß man außerhalb der englischsprachigen Welt von Gilbert und Sullivan, in Deutschland jedoch ganz besonders wenig, ja praktisch nichts. Die komischen Opern des Librettisten William Gilbert und des Komponisten Arthur Sullivan, die jenseits von Kanal und Atlantik bis heute Gegenstand unzähliger Schul- und Amateuraufführungen, Adaptionen und Parodien wurden (u.a. in »Family Guy« und den »Simpsons«) und darum zum musikalisch-komischen Seelenhaushalt auch der ganz Jungen gehören, haben den Sprung über die Sprachgrenze nie geschafft. Zu britisch, zu viktorianisch, zu zeitgebunden, das sind Erklärungsversuche, die man immer wieder hört, seit Mike Leighs opulent ausgestatteter und unbedingt empfehlenswerter Historienfilm »Topsy-Turvy« (1999) wenigstens den Kinogängern einen Eindruck von der wirren, wilden Welt dieser Opern vermitteln konnte. Erklärungen freilich, die jedenfalls mir nicht zureichen. Hört man über Verdis »Falstaff«, er sei zu italienisch, von der »Fledermaus«, sie sei zu sehr ans 19. Jahrhundert gebunden?
Neuerdings immerhin hat das Staatstheater Oldenburg den Versuch gewagt, mit »Die Piraten« (EA: 1879) die meines Wissens einzige G&B-Inszenierung auf einer öffentlichen deutschen Bühne aufzuführen – mit vielen, leider zu vielen Kompromissen. Das junge, begeisterte Ensemble, die vielen schönen Stimmen und die charmanten Einfälle von Regie und Darstellern können nicht darüber hinwegtäuschen, daß das (sehr fähige) Orchester stark unterbesetzt ist und man das glänzende, possenreiche, jedoch nie zotige Englisch Gilberts in ein eher hölzernes, oft derbes Deutsch übertragen hat – was angesichts der Tatsache, daß eine knappe Handvoll der Figuren ohnehin von Amerikanern verkörpert wird, besonders überflüssig wirkt. Gilbert und Sullivan komponierten und dichteten für große Bühnen, große Orchester, große Schauwerte; es scheint zu ihrem Schicksal zu gehören, mit Mikrobudgets oder auf Liebhaberbühnen wiederaufgeführt zu werden. Den erhofften Durchbruch für die britische komische Oper wird auch diese Inszenierung (die noch bis Mai gegeben wird) nicht bringen; ein wenig bekannter wird sie Gilbert und Sullivan vielleicht machen. Zumindest in Oldenburg.