Humorkritik | April 2010
April 2010
Lustiges aus dem Intimbereich
Ricky Gervais hat dem Komiker Louis C. K. in seinem Film »The Invention of Lying« (in Deutschland noch ohne Starttermin) eine größere Rolle gegeben, weil er ihn für den derzeit besten Stand-up-Comedian der USA hält. Nun spart Gervais selten mit Superlativen im Zusammenhang mit seinen Werken, aber manchmal liegt er damit auch nicht gänzlich falsch. Besagter Louis C. K. ist Sohn eines mexikanisch-ungarischen Einwanderers und einer irischstämmigen Mutter und somit von Geburt über die ethnischen Klassifizierungen erhaben, die so manchen amerikanischen Komiker limitieren. Seinen Lebenslauf schmücken Autorentätigkeiten bei David Letterman, Conan O’Brien, »Saturday Night Live« und mehrere Arbeiten mit Chris Rock. Das sind nicht die schlechtesten Referenzen. Viel interessanter sind aber seine Soloauftritte, zwei lassen sich per Import auf DVD oder CD bestellen: »Shameless« aus dem Jahre 2007 und »Chewed Up« (2008); für dieses Jahr ist ein weiterer Livemitschnitt angekündigt (»Hilarious«).
C. K.s Stärke liegt, wie der erste Titel richtig mitteilt, in seiner Schamlosigkeit, die aber fast ausschließlich ihn selbst betrifft und durch rücksichtslose Selbstdemontage private Krisen und intime Erfahrungen auf die Ebene des Universalen hebt. Zwar kommen auch seine Frau und Kinder in den Stücken vor – und daß er sie dabei sensibel präsentierte, kann man wirklich nicht behaupten –, doch erhebt er sich nie über sie, selbst dann nicht, wenn er über den kleinstmöglichen Sex berichtet oder feststellt, daß seine fünfjährige Tochter zwar meist Bezauberndes, aber in ihrem ganzen Leben nichts für ihn Relevantes erzählt hat. So vermeidet er den unangenehmen Eindruck, die Privatsphäre anderer für billige Lacher zu nutzen, wie es bei Mario Barth und Konsorten durchgängig der Fall ist.
Diese Kunst dürfte Louis C. K. sich von Richard Pryor abgeschaut haben. Teilweise kann man Sequenzen als Variationen der von Pryor kultivierten Erzählungen über das Entdecken der eigenen Sexualität, Krankheiten oder Suchtverhalten verstehen (bei Pryor waren es Drogen aller Art, bei Louis C. K. ist es Fast Food). Hier gelingt es, getreu dem Homer-Simpson-Prinzip, menschliche Schwächen in klug konstruierten Erzählungen als gleichzeitig belachenswert lächerlich und sympathisch erscheinen zu lassen.
Die Fähigkeit zu präziser Sprachkritik dürfte Louis C. K. hingegen George Carlin verdanken. Seine Begründung, weshalb das homophobe Schimpfwort »faggot« für ihn nichts mit Homosexualität zu tun hat, hätte jedenfalls auch dessen Repertoire bereichert: »I would never call a gay guy a faggot – unless he’s being a faggot. If I would watch two dudes blowin’ each other, I would be respectful to them. But if one of them would put the dick out of his mouth and start saying annoying faggy things like ›People from Phoenix are Phoenicians‹ or something like that, I would say: ›Quit being a faggot and suck that dick!‹«