Humorkritik | Dezember 2009

Dezember 2009

Whatever Works

Woody Allen inszeniert Larry David. Womöglich waren meine Erwartungen ein wenig zu hochgespannt, als ich von dieser Besetzung der Hauptrolle im neuesten Allen-Film erfahren habe. Kann es eine idealere geben? Hat Allen endlich jemanden, der genau die Stadtneurotikerrolle wieder aufleben lassen kann, für die er selbst zu alt geworden ist?

 

Schnell wird indes klar: Die zwei New Yorker Juden sind so grundverschieden, daß von einem alter ego nicht die Rede sein kann, auch und gerade weil David seine Aufgabe schauspielerisch löst. Denn gerade wenn er Woody Allen spielt, verliert er Larry David. Wenn nämlich David den Zustand der Welt in Allenscher Manier beklagt, traut man ihm immer noch zu, dagegen etwas zu unternehmen und genau die Bombe zu legen, die dem armen Woody dann zumindest das Trommelfell zerfetzt.

 

Immerhin versucht Woody Allen zur Abwechslung mal wieder, komisch zu sein. Seine Abneigung gegen größere Denkanstrengungen bei der Arbeit am Plot ist unverändert. Diesmal greift er auf sein eigenes Meisterwerk »Manhattan« zurück, das wiederum in der ehrwürdigen Tradition der Filme steht, die von der Läuterung mehr oder weniger neurotischer Männer durch eine späte Liebe handeln, die wahlweise von Frauen, Mädchen, Kindern oder Haustieren verkörpert wird.

 

In diesem Fall ist der Mann schon sehr misanthropisch, was sich vor allem in seinem konsequent rücksichtslosen Umgang mit Kindern ausdrückt, und das Mädchen – Evan Rachel Wood, die noch vor kurzem Mickey Rourkes Tochter in »The Wrestler« gespielt hat – schon sehr, sehr naiv. Ich fand es zunächst bedauerlich, daß Larry David, anders als in seiner eigenen HBO-Serie »Curb Your Enthusiasm«, in einem heruntergekommenen Milieu agieren muß, das wenig Anlaß zu gesellschaftlich bedingten Peinlichkeiten bietet, doch Woody Allen entschädigt durch späte Auftritte der Eltern des Mädchens, die neuen Schwung in die Geschichte bringen und zum Happy-End für ein paar operettenhafte Glücksfügungen sorgen: »Whatever Works« – der Titel ist Programm und wird von Larry David als Schlußsentenz direkt in die Kamera wiederholt. Eine Weisheit, die meist zu spät kommt, und nicht so einfach zu übersetzen sein wird: »Irgendwas geht alleweil«, pflegte der selige Monaco Franze zu sagen – und das trifft es irgendwie auch ganz gut, ja vielleicht sogar besser.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick