Humorkritik | Mai 2008

Mai 2008

Ludwig Fertig sei Dank

Unter der Knute ihrer Pauker hatten unsere Vorväter zweifellos weniger zu lachen als ich bei der Lektüre des Katalogs der pädagogischen Maßnahmen, über die der Schulmeister Jakob Häuberle aus Schwaben in der Goethezeit getreulich Buch geführt hat. In den mehr als fünfzig Jahren seiner Lehr­tätigkeit war Häuberle zu folgenden rekordverdächtigen Resultaten gelangt: »911 527 Stockschläge, 124 010 Ruthenhiebe, 20 989 Pfötchen und Klapse mit dem Lineal, 136 715 Handschmisse, 10 235 Maulschellen, 7 905 Ohrfeigen, 1 115 800 Kopfnüsse und 22 763 Notabenes mit Bibel, Katechismus, Gesang­buch und Grammatik. 777mal hat er ­Knaben auf Erbsen ­knieen lassen und 613 auf ein dreieckicht Holz; 5 001 mußten Esel tragen und 1 707 die Ruthe hoch halten, einiger nicht so gewöhnlichen Strafen, die er zuweilen im Falle der Noth aus dem Stegreif erfand, zu geschweigen. Unter den Stockschlägen sind ungefähr 800 000 für lateinische Vocabeln, und unter den Ruthenhieben 76 000 für biblische Sprüche und Verse aus dem Gesangbuch.«

 

Entnommen habe ich diese eindrucksvolle Statistik dem sehr lesenswerten Buch »Zeitgeist und Erziehungskunst« von Ludwig Fertig, das 1984 erschienen ist. Es wimmelt darin von traurigen Zeugnissen des Unverstands und der Brutalität, aber es enthält auch urkomische Dokumente des lebendigsten Widerstands. Zum Lachen ist auch heute noch eine von Ludwig Fertig überlieferte Zeichnung aus den Fliegenden Blättern, die den Schulstreß der Lehrer im 19. Jahrhundert karikierte (siehe Abbildung). Darunter standen die Worte: »In Sparhausen, wo die Schulverhältnisse wenig günstig sind, muß eine zweiklassige Schule eingerichtet werden. Die respektable Länge des Lehrers Bakel kommt der Gemeinde sehr zu statten und macht die Anstellung eines zweiten ­Lehrers ganz überflüssig, indem Bakel den Unterricht für die zwei Klassen zu gleicher Zeit erteilen kann.«

 

Ich überliefere diesen großartigen Comic­strip aus der Frühzeit der Witzbilder­geschichte hierorts auch selbst der Nachwelt und sage Ludwig Fertig allerschönsten Dank.

 

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt