Inhalt der Printausgabe

März 2006




Briefe an die Leser
(Seite 8 von 13)

Tobias B.!
Der Leserbriefseite der FAZ haben wir die Information entnommen, daß auch Du, Tobias B. aus Minden, Deutschland bist und Dein Recht in Anspruch genommen hast, Deinen Senf zu der »Du bist Deutschland«-Kampagne zu geben: »Ich war von Anfang an begeistert von der Idee, denn ich vertrete diese Einstellung schon lange. Toll, sogar eine eigene Internetseite gibt es. Mit einem ›Du bist Deutschland‹-Shop. Identifiziere dich mit der Kampagne, steht dort geschrieben. Auch ich wollte dort ein T-Shirt und einen Kaffeebecher erstehen. Nichts einfacher als das, könnte man meinen. Doch weit gefehlt: 100 Euro Mindestbestellwert, heißt es da … Schade um die vertane Chance. Gibt es doch viele Menschen, die an der Kampagne Gefallen gefunden haben und sich im Internet begeistert auf der Webseite registrierten … Im Manifest heißt es, selbst ein Schmetterling könne durch seinen Flügelschlag einen Taifun auslösen, der ein paar Kilometer weiter Bäume ausreißen könne. Der Text möchte suggerieren: Du selbst, du allein kannst mit deiner Stimme Welten bewegen. Genau das habe ich versucht, indem ich meine Kritik niederschrieb und sie per E-Mail nach Berlin schickte. Das Pressebüro ›Du bist Deutschland‹ scheint meine durch mich verursachte kleine Windböe jedoch nicht besonders ernst zu nehmen. Ohne auf meine Fragen, Vorschläge und Kritiken grundlegend einzugehen, bekomme ich oberflächliche E-Mails, die hauptsächlich aus einem Textbausteinsystem zusammengesetzt worden sind, zurück. Ich bin Deutschland! Ich habe immer noch kein T-Shirt, bin, obwohl ich schon immer ein optimistischer Fan von Deutschland war, nun frustrierter als zuvor, und mit meiner Kritik laufe ich gegen Wände.«
Lieber Tobias, Du mußt jetzt einmal nicht Deutschland sein, sondern ganz, ganz stark: Die Kampagne »Du bist Deutschland« ist ein PR-Schwindel, den sich zynische Reklamefritzen ausgedacht haben, um ein paar Millionen Euro aus dem Bundeshaus halt abzuzapfen und sie in Immobilien, Investmentfonds und Puffbesuchen anzulegen. Als Gegenleistung tun die Typen so, als ob sie kleinen Würstchen wie Dir ernsthaft einzureden versuchten, daß Ihr einen Taifun auslösen und Bäume ausreißen könntet und Deutschland wärt. Aber das ist eine Lüge. Du bist nicht Deutschland. Du kannst ja nicht einmal deutsch! »Ohne auf meine Fragen, Vorschläge und Kritiken grundlegend einzugehen, bekomme ich oberflächliche E-Mails«, hast Du als frustrierter Deutschland-Fan der FAZ mitgeteilt. Du bekommst also, ohne auf Deine eigenen Fragen einzugehen, nur oberflächliche E-Mails? Nein? So hast Du das nicht gemeint? Sondern irgendwie anders? Aber Du weißt auch nicht wie?
Na, dann freu Dich doch, daß wenigstens wir einmal Dein Problem begeistert erörtert haben.
Viel Spaß beim Wandkontakt in Minden!
Titanic

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick