Inhalt der Printausgabe

März 2006


Brauchen wir die Bombe?
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  Thomas Gsella
 
PRO
Deutschland braucht eine Atombombe, damit wir eine Regierung oder Interessengruppe, die uns total vernichtet, im letzten Augenblick auch schnell noch total vernichten können. Man stelle sich nur vor: Das moderne Pakistan oder aus Versehen Schweden lassen ihre Atombomben los Richtung Deutschland. Die Flak schlägt Alarm, tut-tut, und in diesem Moment ist sonnenklar: Wir werden alle sterben – ein Skandal. Aaaber: Sofort starten wir unsere Atombomben auch! Effekt: Die anderen werden ebenfalls alle sterben, hihi. Nun ließe sich einwenden, daß, wenn alle tot sind, man Atombomben gar nicht mehr richtig genießen kann: Zwar hätten wir dann vielleicht noch einzwei Stück, aber uns gäb’s nicht mehr, so daß wir letztlich gar nicht wüßten, was da noch Feines im Keller gammelt. Aber erstens gäbe es ja vielleicht noch einige Mullahs oder Franzosen, die unseren Restbestand dann dankbar übernehmen und losschicken könnten, und zweitens möchte ich an den legendären Erich Honecker, pardon: Fromm erinnern, der in seinem Philosophie-Renner »Haben und Sein« die extrem konsumterrorkritische These aufstellte, daß Sein im Grunde viel gehaltvoller und interessanter ist wie Haben, aber – Irrtum! Beweis: Würden Sie gern A-Bombe sein?
Schauen wir uns so ein verpfuschtes Leben doch mal an: Bereits als Kind kommt sie in ein dunkles Verlies, sie darf mit niemandem spielen, und nur alle zwei Jahre klettert ein anonymer Vormund im Schutzanzug zu ihr hinunter und lugt ihr in den Hals, wobei sie die Zunge herausstrecken und würgend »Aaahhh!« sagen muß – daher der Name. Doch redet der Vormund ihr gut zu? Hält er sie wiegend im Arm? Geht er mit ihr schaukeln? Pustekuchen. Ensprechend retardiert die Sprachentwicklung: Auch erwachsene, ja greise Exemplare reden praktisch überhaupt nicht; nur wenn sie runterfallen, sagen sie, so wird berichtet, bumm. Noch schlimmer freilich sieht’s in puncto Pubertät aus. Laut Sexualprofessor Volkmar Sigusch haben junge A-Bomben, Buben wie Mädels, nicht nur so gut wie keinen Zugang zum anderen Geschlecht; man wisse auch nicht einmal, ob sie diesen Zugang überhaupt wünschen, schüchtern und menschenscheu, wie Massenvernichtungswaffen gemeinhin seien. Der Professor wörtlich: »Lustig – aber diesen Scheiß soll ich verbraten haben? Ich kündige mein TITANIC-Abo!« (Spiegel 267/05)
Und, last but not least, die Berufschancen. Laut neuesten Graphiken kommen auf weltweit kaum 400 Einsatzziele über 25 000 Bewerber, Tendenz steigend. Man spürt es auf den Fluren der Arbeitsämter: Der Konkurrenzdruck nimmt zu, immer mehr Langzeitarbeitslose pfeifen auf die Wartenummern, fudeln sich dreist vor. Solcherart »schmutzige« Bomben, so geht die Mär, kriegen dann von den Bessererzogenen in aller Regel gehörig was auf den Sprengkopf – wie Atombomben überhaupt sehr »unkonventionelle«, sprich kalauerverliebte Wesen sind. Professor Sigusch: »Noch einmal, und ich ziehe die Kündigung wieder zurück!« Puh...
Kurz: Bei Atombomben handelt es sich um bedauernswerte Kreaturen, mit denen man keinesfalls tauschen sollte. Mit ihnen haben sollte man allerdings schon – »zum Beispiel Kinder« (Sigusch). Der Sex-Professor resigniert: »Na, wie das wohl gehen soll...«
Thomas Gsella

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg