Inhalt der Printausgabe
Januar 2006
Briefe an die Leser (Seite 6 von 14) |
Lottmann, Joachim! Weil Sie »in Köln und Berlin« leben und die Miete also für zwei Wohnungen her muß, kann’s auch schon mal eine Spiegel-Seite Fernsehkritik sein, warum auch nicht, z.B. zu den »Luder-Serien« »Alles außer Sex« und »Bis in die Spitzen«, die Ihnen dann doch zu fickrig sind: »Der Erfolg der Serie findet vor einem Publikum statt, das von Vogelgrippe-Phobien, Impotenz, Vereinsamung und Entfremdung geschüttelt wird. Derart verunsichert, halten die Leute womöglich den promisken Zirkus für das ihnen entgangene Leben«, da dürften Sie recht haben. Nun aber: »Mit der neuesten Serie nun schließt sich der Kreis, denn ›Alles außer Sex‹ soll die germanisierte Fassung von ›Sex and the City‹ sein. Abgedreht in München, erfährt man in der Tat nichts Neues über Sex, aber alles über München. Wer manchmal für ein paar Tage nach Schwabing muß, weiß, was ich meine. Immer wenn man denkt, so etwas kann es nicht geben – gehirnentkernte, gesichts- und geschichtslose studiogebräunte Dauerbarbies, die ausschließlich Angeberdiskurse über Shopping, neue Autos und schicke neue Wohnungen führen –, dann trifft man sie, in Hunderten von Edel-Italienern, auf jeder Party, in jeder ›Location‹. Dort sind sie noch, die sogenannten Weiber, zeitlos, kalifornisch, versaut, blond. Wo andere eine Identität haben, haben sie ein Kreditkarten-Patchwork, ganz so wie der kleine linke ›Titanic‹-Leser sich solche ›Luder‹ vorstellt« – jetzt, Lottmann, wissen wir also, wie sich der große lustige Lottmann vorstellt, wie sich der kleine schlaue Spiegel-Leser vorstellt, wie sich der kleine linke TITANIC-Leser ein Luder vorstellt, das in München-Schwabing dann auch noch haargenau so herumläuft. Was wir nicht wissen, ist, wann Sie zum letztenmal in unser verstaubt linkes Spießerblättchen mit den bombenfest vertäuten Meinungen geschaut haben. Tun Sie’s doch wieder mal! Stiftung »Lebenslanges Lernen«, c/o Titanic
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