Inhalt der Printausgabe
Januar 2006
Brummen wos am schönsten ist: Zuhause im Knast TITANIC privatisiert den Strafvollzug und (fast) alle machen mit! (Seite 2 von 7) |
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So ausgelassen die Stimmung auf der Fahrt ist (»Gsella ist doof!« – »Hahahaha!«), so ernst wird die Lage, als wir, in Hünfeld angekommen, erst einmal die hochmoderne Justizvollzugsanstalt ankucken, die von einem Konzentrationslager nur durch die brutalere Optik zu unterscheiden ist. Gleich nebenan sitzt die Gestapo, hoppla: Bundespolizei, die früher mal der Bundesgrenzschutz war, auf dem Parkplatz kauert drohend eine Phalanx Spähpanzer und Wasserwerfer. Vom Schießplatz knallt es. Beton und Himmel grau in grau, Schneereste gammeln wie dänisches Putenhack in der Wintersonne. Eins ist gleich klar: Wer hier herkommt, der lasse alle Hoffnung fahren, denn er ist verdammt auf immerdar und einwandfrei total im Arsch! In Windeseile »schießt« Sicherheitsfotograf Hintner ein paar Aufnahmen fürs Familienalbum, der Eiswind schneidet dicke Scheiben aus dem jackenlosen Jungösterreicher und Redaktionspraktikanten Jürgen Marschal, der heute den jugendlichen Rückfalltäter mimt, seine beiden Bewacher tragen die Unterhose lang und die Homohandschellen an der Gürtelschlaufe. »Stillhalten, Drecksau!« Security-Officer Nagel hat den berufstypischen Umgangston schon prima drauf, Security-Guard Gärtner sekun diert mit gezielten Tritten in die Kniekehlen: Roland Koch hätte seine Freude daran. Aber loswerden muß man das halbrasierte Wiener Würstchen (22) ja doch einmal, darum geht es jetzt stracks in die Innenstadt, wo wir die Anrainer auf das angebliche Pilotprojekt »Knast daheim« einstimmen wollen; erst einmal ohne den Jüngling, um die potentiellen Hobby-Schließer nicht gleich zu verschrecken. Nur mit Ehegefängnisinsasse Hintner im Schlepptau geht das in der Billigbaumwolle gefärbte Security-Duo Gärtner/Nagel in die Hünfelder Lindenstraße und klingelt bei Herrn R., der Trainingsanzug trägt und sich entsprechend lustlos Nagels amateurhaft vorgetragenes, mit Ähs und Öhms gespicktes Sprüchlein anhört: »Guten Tag, wir sind von ProSeco. Das ist die private Sicherheitsgesellschaft, die die Justizvollzugsanstalt in Hünfeld betreibt. Sie wissen ja vielleicht, daß das ein Vorzeigeprojekt der hessischen Landesregierung ist: Die erste private JVA in ganz Deutschland. Wir machen gerade eine Studie für ein neues Modellprojekt und wollen herausfinden, ob man durch Privatisierung nicht noch mehr Arbeitsplätze schaffen kann: Unsere Idee ist, unsere Klienten tatsächlich privat unterzubringen. Haben Sie irgendeinen Raum, den Sie nicht nutzen? Eine Garage oder einen Keller?« |
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