Inhalt der Printausgabe

Februar 2006


Riza Öztürk
»Nix radikal und so was. «

(Seite 10 von 13)

TITANIC …was halten Sie von der Demokratie hier bei uns? Ist die a) eher was für Deutsche oder b) was für Leute, die sich damit gut auskennen, oder sagen Sie c) Man kann’s auch übertreiben?
Öztürk Ähmm, c.
TITANIC In der deutschen Politik gibt es ja viele Schwule, die trotzdem im Amt…
Öztürk (abrupt) Kannst du vergessen!
TITANIC Finden Sie das richtig?
Öztürk (lauter) Nein! Nein!
TITANIC Was empfehlen Sie denen?
Öztürk Na so, richtige Menschen. Frau oder so was. Frau oder Mann. Aber nicht so was Mann, Homosexuelles!
TITANIC Wie würden Sie deutsche Lebensart beschreiben: a) es wird Alkohol getrunken, b) es wird viel Alkohol getrunken oder c) saufen bis zum Abwinken?
Öztürk b, viel Alkohol.
TITANIC Und was zeichnet Ihre Lebensart aus?
Öztürk Ob ich Alkohol trinke?
TITANIC Das auch. Generell Ihre Lebensart.
Öztürk Tee, oder?
TITANIC Und was bestimmt Ihre Lebensart außer Tee?
Öztürk (ratlos) Weiß nicht genau.
TITANIC Wie gut kennen Sie die deutsche Kultur?
Öztürk Deutsche Kultur nicht gut. So viele, zum Beispiel deutsche Mädchen einfach Straße gehen. Das nicht Kultur. Es gibt keine Familie, so heiraten und so was.
TITANIC Ja.
Öztürk Es gibt keine Kinder und so was. Hund zu Hause, Hund bleibt draußen.
TITANIC Ja.
Öztürk Hund auf Hof, Dorf oder so was. Aber Stadt. Kann auch Kind machen, ein oder zwei. Sehr schlecht Deutschland. Gibt’s kein Kind und so was.
TITANIC Ja.
Öztürk Weniger arbeiten, mehr arbeitslos und mehr ältere Leute.
TITANIC Ja. Tragen Sie einen Bart?
Öztürk (irritiert) Was?
TITANIC (streng) Tragen Sie einen Bart?
Öztürk Bart?
TITANIC Bart, ja. Haar-Bart. Baaahart!
Öztürk Was das?
TITANIC Bärte, die Gesichtshaare, wenn man sich nicht rasiert.
Öztürk (verwirrt) Schnurrebart?
TITANIC Ja genau.
Öztürk Ich hab keine. Nein, ich will nicht so was.
TITANIC Sie lehnen das ab?
Öztürk Nein, ich mach richtig rasieren. Wie Mensch!
TITANIC Kennen Sie Menschen, die ganz starke, also extremistische Bärte haben?
Öztürk Was heißt das?
TITANIC Sehr viel Bartwuchs, gar nicht rasiert und gar nicht geschnitten. Bart überall.
Öztürk Mein Vater.
TITANIC Wie bitte?
Öztürk Mein Vater! (lachend) Der ist Hadschi, nicht so radikal.
TITANIC Ein bißchen radikal?
Öztürk Nein, moderner. Glauben Islam und so was. Mein Vater nicht glauben wie Bin Laden und so was.
TITANIC Ja.
Öztürk Nix so was radikal. Einfacher Muslim.


Wenn Vater Öztürk mit seinem Bart überall wirklich eine modernere Form des Islam vertritt als Bin Laden, kommt da – schon rein optisch – noch einiges auf uns zu. Aber so kommen wir nicht zum Ziel; wir müssen etwas offensiver werden:

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg