Inhalt der Printausgabe
August 2006
Briefe an die Leser (Seite 12 von 17) |
Liebe Jana Hensel! Sie sind, wie man sich erzählt, sowohl Zonenkind als auch Schrifstellerin. Jedenfalls haben Sie in diesen beiden Eigenschaften gegenüber Zeit online Ihrem Unmut über die heuer in Klagenfurt verlesenen und preisgekrönten Texte Luft gemacht: »Während es früher den Vorwurf gab, die Autoren erzählten nur von sich selbst, tun sie das heute, wie ich finde, zu wenig. Sie riskieren nichts, sondern erfinden statt dessen irgendwelche Geschichten, denken sich irgendeine Handlung aus. Und das in einem Wettbewerb, der den Namen von Ingeborg Bachmann trägt. Gerade sie hat sich doch mit ihrem ganzen Ich in den Text gestürzt.« Hoppla! An Ihnen, Jana Hensel, scheint eine echte Dichterin verlorengegangen zu sein, die sich mit ihrem ganzen Ich in den Text stürzt, während andere Autoren weniger bis nichts riskieren, indem sie einfach irgendwelche Geschichten erfinden und sich irgendeine Handlung ausdenken – Autoren wie Shakespeare, Dickens, Tolstoi, Dostojewski, Poe, Flaubert, Gogol, Kafka, Nabokov und Frank Schulz, um hier nur einmal zehn von hochgerechnet einhunderttausend bestürzend risikoscheuen Geschichtenerfindern namentlich zu erwähnen. Denen haben Sie’s aber gezeigt! Respekt, Frau Hensel! Und nun stürzen Sie sich bitte, am besten mit Ihrem ganzen Ich, aber ohne uns, in Ihren nächsten Text. Mit unserem ganzen Wir: Titanic
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