Inhalt der Printausgabe
April 2006
Humorkritik (Seite 2 von 11) |
Karnevalsrückblick ’06 |
Ich bin kein Freund des alljährlichen Narrentreibens. Meine Erfahrungen auf diesem Gebiet sind dementsprechend beschränkt. Eigentlich auf einen alptraumhaften Rosenmontagszug Anfang der Siebziger in Mainz, der unter dem Motto stand: »Babbel net, mach met!« Diese ultimative Befehlsform scheint mir dem Anlaß angemessen, da dem Besucher im Ernstfall ohnehin keine Wahl bleibt: »Nit quake – make!« So hieß das Motto folgerichtig und ebenso schonungslos heuer in Düsseldorf. Wer sich diesen Umtrieben dennoch aussetzt, ist damit zumindest vorgewarnt. In Mainz indessen hat man im Jahr der Fußballweltmeisterschaft versucht, den am Karnevalszug Interessierten eine gewisse Kultiviertheit vorzuheucheln: »Die Welt zu Gast – wir laden ein – zur Fassenacht in Mainz am Rhein«. Solche hinterhältigen Verharmlosungen kann ich nicht gutheißen, genausowenig wie zusammengepfropfte Verrätselungen im Kölner Jargon: »E Fastelovendfossballspill« klingt für mich nach einem Mysterienspektakel im Stil des späten Ionesco, und dahingehende Erwartungen sollte nur wecken, wer ihnen wenigstens ansatzweise gerecht werden kann. Und daß Kölle an dadaistischen Surrealismen am Rosenmontag mehr zu bieten hätte als Schwellköppe und Kamelle, wird selbst das für Dollerei zuständige Dreigestirn nicht zu behaupten wagen. Da lob ich mir mein Frankfurt, das bereits durch die Formulierung des Leitsatzes lästige Fremde von der beifälligen Teilnahme an karnevalistischen Lustbarkeiten abschreckt – oder wer möchte eine Veranstaltung besuchen, die sich selbst so präsentiert: »5 mal 11 Jahre Großer Rat – Frankfurter Fassenacht ist auf Draht«? Ich habe darüber nachgedacht, ob man auf dieser Basis mittelfristig aufbauen könnte – mein Vorschlag für die Saison 2007: »Den Großen Rat gibt es jetzt Quadratwurzel aus 3136 Jahre – deswegen bleibt die Fassenacht für Frankfurt irgendwie das einzig Wahre«. |
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