Inhalt der Printausgabe

April 2006


Die Guantánamo-Protokolle
(Seite 3 von 5)

   
  Zehn Sekunden nach diesem letzten Foto verschwand Klaus Woschke spurlos (Foto: Irene Woschke)
Kafkaesk? Schon; aber um keinen Deut besser erging’s dem Kieler Klaus Woschke. Während eines Tauchkurses an der dalmatinischen Küste wurde der wegen psychischer Probleme frühpensionierte Grundschullehrer urplötzlich in ein U-Boot gesaugt, sechs Tage später sah er wieder Land: Guantánamo Bay. Auf der Überfahrt wurde er bis zu vier Minuten täglich von einem BNDler aus dem Badischen vernommen. Woschke: »60 Kilo hab ich verloren in dieser Woche! ›Mir wisset, daß du mit eme Afghan zemmetwohnscht‹. Ich bitte Sie, ist das Folterverbot denn keinen Pfifferling mehr wert? Seit zwei Jahren wohnte ich damals mit einem Afghanen zusammen, na und? Ich mochte ihn einfach.« Auch das folgende Verhör wurde vermutlich vom haarscharf selben Badenser gegoogelt, quatsch: gedolmetscht:

Wänn genau ischer denn bi Ihne izogge?

Wie bitte?!
Wänn genau ischer denn bi Ihne ein-ge-zog-ge?
Im Sommer 2003. Bis dahin war er bei meiner Schwester, aber die ist als Pilotin immer sehr viel unterwegs. Da kam Pablo halt zu mir.
Dr Herr Offizier well wisse, welchen verdammte Fliager dini mutterfickende Hur vunnere Schweschter am 11.09.2001 gschteueret hät, und wer zum Teifl de Pablo ischt. Welledse au a Schäle Ferrero Kissle?
Danke, lieber Martini gerührt.
Mit Eis?
Gern. – Wer Pablo isch? Dr Afghan natürlich! Ja herrschaftsäckse, jetzt fanget i auch schon so an…
Und Sie welled mir weismache, daß der Ihne nie was vunneme Treffe zwisched ihm und bin Laden gsproche hät?
Ja freilich! Sprechen kann der doch gar nicht!
Ha des glaubed Sie. Dr Offizier frogt, wie du Sohn vumme fickende Arschloch dir dann des Video do erklärscht.
– O Gott, Pablo! – Was haben Sie mit ihm gemacht?!
Mir hond ihm mit vier Leit de Bauch krault und ihm debei Fotos vu Ihne und vu Ihrer Schweschter zoaget. Und etzt höret Se amol, waser dodezu säit.
Wuff-wuff!
Hallo Pablo… na Gott sei Dank! Es – geht ihm also gut?
Dr Offizier well wisse, ob Wuff-wuff en vedammte Geheimcode fer Al Qaida ischt und seit wenn ihr beide dezugheret…


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg