Inhalt der Printausgabe
Juni 2005
Humorkritik (Seite 3 von 8) |
Neues aus Berlin |
Der Kleinverlag Voland & Quist schickt mir das Buch »Ich bin der Roman« eines Robert Weber zur angelegentlichen Rezension. Auf dem Buchumschlag loben sowohl Wladimir Kaminer: »Alles sehr trocken beschrieben, irgendwie von der Seite beobachtet. Brutal, trashig, lakonisch und manchmal sehr komisch« als auch Jakob Hein: »Böser Roman – gutes Buch.« Der Klappentext fängt so an: »Robert Weber arbeitete als Industriekaufmann, Sozialarbeiter, Journalist und im Wettbüro, bezog Sozialhilfe oder war arbeitslos, bevor er sich 2002 als Autor selbständig machte.« Das brutalkomische und trocken-böse Werk liest sich dann zu Anfang wie folgt: »›Du willst mit mir ficken‹, sagte sie, und wenn ich mich nicht auf der Stelle verliebt hätte, wäre es spätestens dann passiert, als sie eine halbvolle Flasche Absolut aus ihrem Rucksack angelte und mir zu trinken anbot. Ich hatte bezüglich meines Alkoholpegels noch einiges nachzuholen und nahm einen kräftigen Schluck. ›Also willst du mit mir ficken?‹ fragte sie noch mal, und ich sagte ja. ›Tja, da kann ich dir nicht weiterhelfen. Ich will in meinem Leben nie wieder Sex haben, und wenn, dann nur noch beruflich.‹ Sprach’s und torkelte kichernd auf die Tanzfläche. Nein, sie torkelte nicht, sie fiel – in die Arme eines offensichtlichen Schwachkopfes« – und halten Sie mich ruhig für einen offensichtlichen Schwachkopf, aber schon nach diesem lakonischen Seitenbeobachtungscapriccio aus dem wundervollen Leben der Berliner Lumpenbohème, wo man gerne zuviel trinkt und dann »ficken« sagt, hatte ich genug und auf der Stelle Lust, bezüglich meines Alkoholpegels einiges nachzuholen; die sicherlich befreundeten Herren Weber, Kaminer und Hein mögen’s mir nachsehen. Weil – ich bin der Romankritiker. |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |