Inhalt der Printausgabe

Januar 2005


Quo vadis, politischer Anstand?


Liebe TITANIC-Leser!

NATÜRLICH BEOBACHTEN AUCH WIR HIER IN DER REDAKTION DIE BEUNRUHIGENDEN VORGÄNGE IN DER UKRAINE MIT GROSSEM Interesse - schon deshalb, weil die anstehenden Feiertage sonst nicht viel Unterhaltsames hergeben.

Martin Sonneborn
Martin Sonneborn
Und natürlich sind auch wir äußerst besorgt über die barbarischen Entwicklungen in der Innenpolitik dieses verkommenen Landes. Denn eins liegt auf der Hand: Nachdem der Verdacht, der ukrainische Oppositionsführer Juschtschenko sei von politischen Gegnern vergiftet worden, zur Gewißheit geworden ist, wer-den derlei unorthodoxe Wahlkampfmethoden zweifelsohne auch bei uns Schule machen.

Nach allem, was die Trümmerpartei FDP unserem Land in den vergangenen Jahren schon beschert hat: antisemitische, pornoorientierte Spaßwahlkämpfe, Guido-Mobile, Falschschirmsprünge ohne Reißleine - dürfte es jetzt nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Oppositionspolitiker Guido Westerwelle reagiert. Im Gegensatz zur schamlosen deutschen Boulevard-Presse allerdings verweigern wir uns seiner durchsichtigen Strategie. Auch wenn Westerwelle sich demnächst medienwirksam als Opfer eines perfiden Giftanschlags präsentiert, großflächige Bilder seines von Chlorakne entstellten Gesichtes suchen Sie in der nächsten TITANIC vergeblich: Wir präsentieren Sie Ihnen bereits heute.

Anschlagsopfer Juschtschenko, Trittbrettfahrer Westerwelle:
Finden Sie die zwei Unterschiede!

Auch wir drängen zum Jahresende hin wieder mal unappetitlich in die Öffentlichkeit. Weil sich bei der Inventur herausgestellt hat, daß noch zuviel Geld und Pointen übrig sind, waren wir gezwungen, schnell noch irgendwie rund 50 000 Euro und zwei Witze auszugeben. Nach reif-licher Abwägung haben wir uns dafür entschieden, einen aufwendigen TV-Spot zu produzieren und ihn an zwei Tagen 15mal hintereinander bei MTV ausstrahlen zu lassen. Und damit Sie den unansehnlichen Rest von MTV nicht mitansehen müssen, sind auf Seite 28 die genauen Sendezeiten aufgelistet. Für den Fall übrigens, daß Ihnen eine einzige Ausstrahlung reicht, empfehlen wir Ihnen unsere teuerste Buchung am Mittwoch, den 29.12.2004, von 20.40.00 Uhr bis 20.40.46 Uhr (5152 Euro). Bitte kucken Sie alle; wir zählen auf Sie!


Herzlichst, Ihr Martin Sonneborn





Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt