Inhalt der Printausgabe

April 2005


TITANIC VOLKSAUFKLÄRUNG
Ukraine - Nuttenoase mit Pfiff
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DER FLÄCHENMÄSSIG ZWEITGRÖSSTE STAAT EUROPAS
ist im Zuge der sog. Visaaffäre ins Zwielicht geraten. Viele verbinden mit dem Land zwischen Polen und Rußland nur noch Schleuserbanden, Zwangsprostitution und kostengünstige Wellnessurlaube in der Gosse Kiews. Wer wirklich mitreden will, braucht aber Fakten. Die stehen im SZ-Magazin. Hier dagegen wieder einmal zwei Seiten Quatsch von Leuten, die noch nie in der Urkaine waren!

BERLIN, BERLIN, WIR FAHREN NACH BERLIN
Damit die Ware einen guten Preis erzielt, muß sie frisch und unversehrt ankommen
Als wir in Kiew eintreffen, ist es weit nach Weihnachten. Einen halben Tag und Nagels Kreditkarte hat uns die Autopanne gekostet, mit der wir vor Schytomyr liegengeblieben waren. Nicht, weil es so schwierig gewesen wäre, ein neues Lenkrad zu besorgen, sondern weil wir erst nach Stunden jemanden gefunden haben, der den Mann vom Pannendienst zwang, es auch einzubauen. Denn ohne Zwang geht gar nichts in der Ukraine.
Szenenwechsel. Lachend führt uns Michail Prestupnik in sein kleines Büro. Der gelernte Mädchenfachhändler, bei dem wir zu Besuch sind, will uns sein verrufenes Land zeigen, wie es wirklich ist. "Bei Ihnen im Westen denken doch alle, wenn sie Zwangsprostitution hören, sofort an Zwangsprostitution", sagt Prestupnik. "Dabei hat mein Beruf viele Facetten. Ich bin zum Beispiel auch Vorsitzender der Zwangsklempnerinnung, Generalsekretär der Obst- und Gemüseschmuggler sowie Präsident der Weibsbildhauer." Neue Berufe, die sich seit Einführung der prostitutionellen Kleptokratie in der Ukraine wachsender Beliebtheit erfreuen und die traditionelle Tätigkeiten wie Bäcker oder Bilanzbuchhalter zugunsten von fashionableren Jobs wie Zwangsbäcker und Bilanzbuchhehler zurückgedrängt haben.
Seit die Ukraine 1991 in die Unabhängigkeit geriet, blühen Wirtschaft, Unsinn und gesalzene Strafen denjenigen, die öffentlich für Beschränkungen im Mädchenfreihandel und die Zwangsmonogamie eintreten. Davon weiß Fremdenzimmerführer Vladimir Kaminfegerkowski ein hübsches Lied zu singen: "In Görlitz steht ein Freudenhaus, eins, zwei, uffta! Da läuft so manches Visum aus, one, two, uffta! Da hat so mancher Ehemann, schnipp, schnapp, uffta, gezeigt, wie gut er arme ukrainische Zwangsprostituierte pflöckeln kann, yeah! Bzw. uffta. Macht hundert Dollar, Towarischtsch!"
"OBEN ETWAS KÜRZEROWSKI?"
TITANIC-Reporter beim Zwangsbarbier
Einen Absatz weiter wartet schon Olga Becherovka auf den Zug durch die Gemeinde. Sie ist Alkoholikerin, seit sie eines Morgens hinter einem Bankschalter aufwachte und zu ihrer ersten Auszahlung gezwungen wurde. "Ich mußte alles mitmachen", berichtet die mittelalte Zwangsblondierte, "Konten öffnen, Unschuldverschreibungen und Scheine breit, pfuiteufel, meine Herren, schämen Sie sich!" Die Zahl der Zwangsbankangestellten hat sich zwischen 1779 und heute praktisch versexfacht, die Dunkelziffer liegt weitaus niedriger. "Das Schicksal dieser Frauen ist eine Schande für das ganze Land", lacht die Zwangssozialarbeiterin Petra Ustinova, die für feinen Witz und lockere Sprüche überall weltberühmt ist. "Wenn nicht bald etwas geschieht, gehe ich in den Zwangsvorruhestand! Und jetzt Doswitanja, ich muß auf den Lkw."
EMANZIPIERT
Ukrainische Frauen lassen nicht (mehr) mit sich handeln (20 € ohne)



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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt