Inhalt der Printausgabe
April 2005
Humorkritik (Seite 3 von 8) |
Ziegenbock im Bratenrock |
Jüngst spielte mir die Flohmarktfee einen Band in die Hände, den ich erst für ein Kinder-, dann für ein Bilderbuch hielt, der sich aber unter meiner beleuchteten Leselupe bald als Prachtexemplar freiwillig-allzuunfreiwilliger Komik entpuppte. Humorkritik wird fortgesetzt - gleich nach der Buchrücken-Werbung:
"Volker Pfüller, Professor für Grafik und Buchkunst in Leipzig, rühmt in handfesten Reimen und mit unlackiertem Strich den starken Mäuserich, der die Katze das Grüßen lehrt" - leider enthält uns der Rückentextschreiber vor, wie denn ein "lackierter" Strich aussieht, denn er "sinniert über das Glück, Sündenböcke und Möwenbeine. Ein Versbrevier mit kantigen Späßen und widerborstigen Bildern." Soviel Blähschreib zum Trotz enthält "Ziegenbock im Bratenrock" immerhin genug Wort für ganze "15 Verse von Volker Pfüller mit Bildern", beachten Sie jetzt bitte den gewitzt-verschmitzten nom de guerre des Illustrators: "von V.P." (zwinker, zwanker!). Das bereits oben angepriesene muskulöse Nagetier sieht im Buchinneren dann so aus: "Mäuserich Atze/ aß immer Quark,/ da wurde er stark./ Nun grüßt ihn sogar die Katze." Da rauscht die Sprache holterdipolter nur so den Versfluß hinunter, aber der Buchfex Volker Pfüller, seines Zeichens Juror im Wettbewerb "Schönste Bücher aus aller Welt 2004", kann noch (d)oller: "Die Schlechten,/ die schreiben, wie sie mechten,/ aber die Guten/ schreiben exakt wie Konrad Duten." Hm, mal sehen: Dem Herrn Professor V.P. Füller/ fließen Verse aus dem Pfüller,/ sie kommen, wie sie mechten,/ die guten wie die schlechten. Gar nicht so schlöcht? Doch. Was dem Faß aber die Krone aufsetzt, sind die "widerborstigen Bilder". Ich kann nur sagen: Was Herr Pfüller nicht lernt, lernt Herr P. nimmermehr. Von einem Professor für Grafik erwarten wir doch etwas mehr als einen tadelnswerten Wolf-Erlbruch-lookalike-Stil, der in bester art brut zu retten sucht, was nicht zu retten ist. Aber für zwei Stück Hartgeld war das "Brevier" ein echter Born der Freude. Zum Abschied noch mal der Meister: "Guten Abend, gute Nacht,/ das Bett ist zerkracht,/ die Lampe explodiert,/ das Kissen beschmiert." Das Buch ist im Aufbau-Verlag erschienen und sogar noch erhältlich. |
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