Inhalt der Printausgabe
September 2004
Humorkritik (Seite 3 von 7) |
Abschied von Frasier |
Ohne großes Tamtam wird Sat.1 im September die deutsche Karriere des amerikanischen Radiopsychologen Dr. Frasier Crane beenden - wie üblich gut versteckt auf einem Sendeplatz, wo nur Studenten, Rentner und Arbeitslose zusehen können: mittwochs bis samstags um 0.40 Uhr bzw. sogar 1.45 Uhr. Dabei hätte Frasier, der dienstälteste Comedy-Serienheld der TV-Geschichte, Besseres verdient. Es sind nicht nur die brillanten Wortgefechte zwischen Frasier und seinem jüngeren Bruder Niles, ebenfalls Psychologe, die Reibung zwischen den snobistischen Brüdern und ihrem bodenständigen Vater Martin oder die hochkomischen Telefongespräche mit Anrufern in seiner eigenen Radiosendung, die "Frasier" über zehn Jahre lang lebendig erhielten (Frasier: "Tut mir leid, Blake. Als ich Ihnen sagte, schließen Sie Ihre Augen und stellen Sie sich vor, Sie wären auf einer Südseeinsel, wußte ich nicht, daß Sie von Ihrem Autotelefon aus anrufen." Anrufer: "Schon okay, Doc. Jetzt weiß ich wenigstens, daß meine Airbags funktionieren"). Es ist vor allem die erstaunliche Kunst der Produzenten, stets aufs neue Funken zu schlagen aus den immergleichen Konflikten: Frasier und Niles tragen ihre Konkurrenz aus, Frasier verliebt sich in eine unerreichbare Frau und ruiniert die Romanze unverzüglich, Frasier und/oder Niles drohen über irgendeiner Obsession den Verstand zu verlieren. "Diese Show kennt ungefähr sechs oder acht Storys, und sie endet nach mehr als 260 Episoden. Ein beeindruckender Recycling-Rekord", so Linda Holmes auf MSNBC.com. Und dabei ist es natürlich ganz egal, ob man die Witze schon kennt - solange sie gut erzählt sind. 1984 tauchte Kelsey Grammer erstmals als Dr. Frasier Crane auf, damals eine kleine Randfigur in der Kellerbar-Sitcom "Cheers". Vier Folgen lang sollte er die "Cheers"-Hauptfigur Sam Malone (Ted Danson) ärgern, blieb dann aber gleich acht Jahre und erhielt hinterher seine eigene Spin-Off-Serie, die ihrerseits elf Jahre lang ausgestrahlt und mit insgesamt 31 Emmys dekoriert wurde - zuletzt erhielt Grammer pro Folge kolportierte zwei Millionen Dollar Gage. Und wollte sich trotz sinkender Quoten nicht vom Haussender NBC herunterhandeln lassen; das führte dann schließlich auch zum Ende der Serie. Die letzte Staffel aber geriet dank der Reaktivierung alter Autoren wieder etwas erfolgreicher, war doch, auch das soll nicht verschwiegen werden, über die letzten Jahre die Luft etwas raus: Ein zentraler Konflikt, die heimliche Liebe Niles' zu Frasiers Hausmädchen Daphne, fehlte, nachdem die beiden sich schließlich bekommen hatten, und auch der Tod des "Frasier"-Erfinders David Angell am 9.11.2001 schwächte die Serie. Doch dafür entschädigen die letzten Folgen, in denen turbulent geheiratet, umgezogen, geboren und sogar gemordet wird - das allerdings off scene und von einem Charakter, der zwar ständig präsent, aber nie zu sehen war, nämlich Niles' Exfrau Maris. Das Finale von "Frasier" lief in den USA parallel zu dem der viel erfolgreicheren "Friends", und der Abschied wäre vermutlich auch ohne diese Koinzidenz eher leise ausgefallen - dennoch finde ich es höchst ärgerlich, daß dieser wunderbaren Serie hierzulande sogar ein würdiger Abschluß verweigert und die Staffeln in falscher Reihenfolge gezeigt werden: Sat.1 zeigt nach der Wiederholung der neunten die elfte Staffel "Frasier", die zehnte wird vermutlich irgendwann nachgereicht werden. Sehr zu hoffen ist, daß beizeiten mal eine umfassende DVD-Box auf den Markt kommt. Bis dahin referiere ich wenigstens noch meinen Lieblingsdialog aus Frasiers Call-in-Sendung (im Original spricht Elijah Wood den Anrufer): Frasier: "Hallo Ethan! Was kann ich für dich tun?" Ethan: "Ich habe eine Menge Probleme mit den andern Kindern in der Schule. Die verprügeln mich andauernd." Frasier: "Und woran könnte das liegen?" Ethan: "Wahrscheinlich weil ich so intelligent bin. Ich habe einen IQ von 160. Ich bin im Club der Mathematiker. Und ich hasse Sport." Frasier: "Tja nun, weißt du, Ethan, die anderen Kinder verhalten sich nur so, weil sie neidisch und auch unreif sind. Im Moment hilft dir das nicht viel. Der Tag wird kommen, das verspreche ich dir, an dem du derjenige bist, der zuletzt lacht." Ethan: "Ist das alles?" Frasier: "Ja." Ethan: "Ehrlich gesagt, Dr. Crane, finde ich Ihren Rat gönnerhaft, arrogant, sehr simpel und einfallslos. Das eigentlich Überraschende ist, daß Sie auch noch dafür bezahlt werden, daß Sie solche Sprechblasen von sich geben." Frasier: "Ethan, von wo rufst du mich an?" Ethan: "Von zuhause." Frasier: "Falls einige von Ethans Klassenkameraden zuhören: Ihr wißt jetzt, wo er ist, und er kann sich nicht ewig dort verkriechen… Danke für deinen Anruf." |
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