Inhalt der Printausgabe
Mai 2004
Vom Fachmann für Kenner (Seite 9 von 16) |
Gelungener Tausch Heute sah ich im Bus eine schöne junge Frau. Sie gefiel mir. Ihre Mundwinkel hingen etwas herab. Sie telefonierte. Dabei stand manchmal ein Katzengrinsen in ihrem Gesicht. Nur ganz kurz, für den Bruchteil einer Sekunde. Da dachte ich: Wir tauschen. Ich schlüpfe einfach in den Körper dieser Frau und bin sie. Ich hätte dann ihre niedliche Nase. Ich würde mir jetzt mit dieser abwesenden Handbewegung eine Strähne aus dem Gesicht streichen. Und auch dieses Katzengrinsen wäre meins. Und weil die Frau natürlich auch irgendwo bleiben müßte, wäre sie dann ich. Ich begann, mir mein Leben als schöne Frau vorzustellen. Ich würde mir hübsche Sachen kaufen, immer eine Idee zu gewagt. Ich würde mit meinen auch sehr schönen Freundinnen Mädchen-Spaß haben und viel kichern. Und ich würde die Männer immer etwas piesacken, weil ich doch so verdammt gut aussehe. Da fiel mir ein, daß ich etwas vergessen hatte. Unmöglich würde ich die schöne Frau sein können, wenn ich nur den Körper mit ihr tauschte. Ich sähe dann zwar so aus wie eine schöne Frau, würde mich aber niemals so benehmen. Um wirklich sie zu sein, würde ich auch ihre hibbelige Lebensgeschichte brauchen, ihre Mädchen-Wahrnehmung und ihr krauses Damen-Denken. Ihr Bewußtsein eben. Als mir das klar wurde, genau in diesem Moment, passierte es. Die schöne Frau und ich tauschten, und zwar Körper und Geist. Es klappte gleich auf Anhieb. Ich weiß es. Ich kann es natürlich nicht beweisen. Aber beweisen Sie mir mal das Gegenteil. Christina Y. Schmidt
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