Inhalt der Printausgabe

Juni 2004


TITANIC Telefon-Terror
(Seite 2 von 4)

Anita Schäfer, CDU

"Er hat ja auch
'ne schöne Frau!"
Schäfer ...ganz ehrlich, ich bin über Köhler glücklich. Ich hab die Frau Schwan nur im Fernsehen gesehen, ich hab sie noch nie als Frau gesehen oder so. Ich kenn sie nur aus Bunte und Talk-Shows.
TITANIC Oh, Sie haben sich schon entschieden?
Schäfer Ich sag nicht, daß die Schwan schlecht ist. Aber die Schi-panski hat damals das Gespräch auch bei den Frauen jeglicher Couleur gesucht. Und wenn's auch abgelehnt worden wäre, man muß das Angebot machen!
TITANIC Aber Sie wissen schon, daß Frau Schwan konservativer ist, als man denkt?
Schäfer Ich hab die ja gesehen in Talk-Shows. Das ist eine lebendige Frau! Von Frau zu Frau ist es natürlich eine gewinnbringende Frau!
TITANIC Und ganz unter uns: Köhler würde ich eher einordnen wie unseren scheidenden Präsidenten, da ist ja von Lebendigkeit keine Spur mehr!
Schäfer Aber ich habe mich jetzt schon festgelegt, und ich hab jetzt drei Begegnungen mit Herrn Köhler gehabt, und er ist mir sehr sympathisch! Er ist 'ne lebendige und lustige, äh, man merkt, daß er mit Studenten zu tun hat. Man merkt, daß er aus einem Umfeld kommt, wo auch lustige und heitere Stimmung herrscht.
TITANIC Und an die Sache der Frau denken Sie da gar nicht?
Schäfer (stöhnt) Ach Gott. Also ich bin ein Typ: Der hat sich mir vorgestellt, ich fand ihn gut, wertkonservativ, und ich hab geschrieben im Internet, daß ich für ihn stimme!
TITANIC Aber haben Sie denn nicht auch das Gefühl, daß wir jetzt mal das Anliegen der Frauen etwas in den Vordergrund stellen müßten?
Schäfer Nee, nicht, der war ja bei uns Frauen gewesen. Da hat er auch tolle Ideen gehabt, und er hat ja auch 'ne Frau, 'ne schöne Frau, die kann ihn ja auch noch 'n bißchen beeinflussen. Und jetzt frag ich mich: War-um macht Ihr denn die Umfrage?
TITANIC Wir sind dafür, daß die Position der Frau in der Gesellschaft neu bewertet wird… Schäfer Ihr kommt zu spät für diese Sache! Also wenn ich jetzt Ihnen sagen würde, daß ich lieb sein will und so, und ich gehe am Wahltag und wähle sie gar nicht. Das ist noch unehrlicher! TITANIC (nachdenklich) Das stimmt!
Schäfer Deswegen sage ich, ich wähle Köhler. Er hat ja keine Fehler in dem Sinne.
TITANIC Nur, daß er ein Mann ist! Und daß er sehr ruhig ist vielleicht.
Schäfer Ach, das kommt alles! -Warten Sie mal ab, bis der dran ist... Der kann ganz anders als wir, der ist ja parteiunabhängig, nicht? Wir haben ja immer die Partei vorne dran…

Helga Daub, FDP

"Ein Mann kann aussehen
wie der Glöckner von Notre Dame!"
TITANIC ...in erster Linie als Frau oder als Abgeordnete?
Daub Jetzt hören Sie doch um Gottes willen damit auf! Ich wähle als Abgeordnete, da spielt doch das Geschlecht keine Rolle! Ja, ich weiß, es spielt 'ne große Rolle. Aber ich werde mich für Prof. Köhler entscheiden.
TITANIC (enttäuscht) Und die Emanzipation in Deutschland?
Daub Die kann ein Mann doch auch vertreten!
TITANIC Aber nicht so gut, der fühlt doch ganz anders!
Daub (lacht)
TITANIC (vorwurfsvoll) Sie lachen! Aber Millionen von Frauen denken da ganz anders.
Daub Prof. Köhler war bei uns in der Fraktion, wir haben das in der Fraktion entschieden, bei einer Enthaltung... Ich meine, Sie versuchen jetzt, einzelne da rauszubrechen.
TITANIC Ja.
Daub Das ist nicht unser Ziel, wir werden da schon geschlossen abstimmen.
TITANIC Dann kann ich nur noch sagen, ich entschuldige mich dafür, daß wir damals Frau Schimpanski nicht unterstützt haben.
Daub Wahrscheinlich weil es eine CDU-Frau war!
TITANIC Ich glaube, die Zeit war einfach noch nicht reif damals!
Daub (ironisch) Ach, die Zeit war noch nicht reif! Also da hätte man ein Zeichen setzen können!
TITANIC Aber das könnte man doch jetzt! Müssen wir denselben Fehler denn noch mal machen?
Daub Es bestätigt mich in der Ansicht, daß vieles eben doch parteipolitisch geprägt ist. Sonst hätte die Frau Schipanski damals Unterstützung bekommen!
TITANIC Deswegen finden wir ja, daß man diesen Fehler nicht noch mal machen dürfte, daß wir die Sache der Frauen in Deutschland mal besser vertreten sollten. Und Frau Schwan macht einen so schön lebendigen Eindruck!
Daub Einen ganz toten macht doch der Köhler auch nicht.
TITANIC Aber er ist keine Frau! Ich kann mich nur wiederholen!
Daub (geht in die Luft) Also herrgottnochmal! Ich muß eine Qualifikation nicht an den primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen fest-machen. Das denken Sie doch nur, weil sie ein anderes Parteibuch hat!
TITANIC (abwehrend) Aber man muß die Richtigkeit einer Tatsache doch niemals am Parteibuch festmachen!
Daub Na, es war ja auch schon mal der Name Schmalz-Jacobsen im Vorfeld genannt worden. Und der Name ist dann verbrannt worden!
TITANIC Aber auch ein bißchen zu Recht, wenn Sie ehrlich sind. Denken Sie doch nur an den optischen Eindruck. Und da ist Frau Schwan einfach eher tragbar.
Daub (aufgebracht) Also, ich bitte Sie! Was soll denn das! Erstens ist Frau Schmalz-Jacobsen kein weiblicher Glöckner von Notre Dame, sondern vom Äußeren her durchaus anzusehen, und beim Mann fragt zum Donnerwetternochmal auch kein Mensch, wie er aussieht! Von der Optik her! Also das empört mich jetzt fast. Ein Mann kann aussehen wie der Glöckner von Notre Dame, und kein Mensch fragt danach.
TITANIC (resigniert) Sie spielen auf Johannes Rau an?
Daub Darüber kann man streiten, bei mir würde das diesen Reflex nicht auslösen, daß ich den optisch repräsentativ finden würde...

Angelika Brunkhorst, FDP

"Mir tut das schon ein bißchen leid!"
Brunkhorst Also ich hab natürlich mit verschiedenen anderen Frauen gesprochen. Und wir treffen uns auch ab und zu zum Frauenfrühstück und so. Was ich vernommen habe, ist, daß natürlich die Frau Schwan auch Sympathien genießt. Aber das führt nicht automatisch dazu, daß wir reihenweise umkippen würden und sagen, na gut, wir machen es um der Frau willen. Da rate ich Ihnen, nicht allzu euphorisch zu werden, wenn Sie da auch mehr zugängliche Positionierungen gehört haben.
TITANIC Aber es scheint mir, daß in der FDP der Fraktionszwang am stärk-sten ist, daß eine gemeinsame Stimm-abgabe eher gefordert wird
Brunkhorst Ja, also das sehen Sie durchaus richtig! Ich meine, es sind sicher einige Frauen am Grübeln. Und einige machen vielleicht auch kurzfristig daraus eine Herzensentscheidung. Mir tut das schon ein bißchen leid, daß das also wieder so am seidenen Faden hängt. Aber in der Fraktion sind wir wenige, und es ist schon so, daß auch von unserer Spitze aus eine einige Abstimmung da verlangt wird.
TITANIC (listig) Ich setze ja darauf, daß es 'ne geheime Abstimmung ist.
Brunkhorst Ich bin gerade auf einem Symposium, Herr Poschmann, ich muß gleich wieder los. Ich finde es sehr sympathisch, daß Sie alle möglichen Wege gehen, um die Kandidatin zu unterstützen.
TITANIC Und auch die Rolle der Frau in Deutschland ein bißchen...
Brunkhorst Ich meine, das Problem ist ja, daß diese Präsidentschaftswahlen immer auch politisch orientierte Wahlen sind...


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg