Inhalt der Printausgabe
Juli 2004
Humorkritik (Seite 6 von 9) |
Ginelli zum Zweiten |
Aus Berlin schreibt mir mein Stammleser Klaus Cäsar Zehrer: "Bester Mentz, Sie irren selten, aber wenn, dann scheint's gleich richtig. Warum Sie im letzten Heft die charmanten ›Dump Art‹-Basteleien von Daniel Ginelli so rüde abgewatscht haben, ist mir schleierhaft. Ich habe Ginelli-Kunstwerke zum ersten Mal in der Privatwohnung des TITANIC-Redakteurs Oliver Nagel gesehen und teilte auf Anhieb das Urteil meines Gastgebers: ›Das ist lustig.‹ - ›Ja, ziemlich lustig.‹ Seit geraumer Zeit hängt auch in meiner Küche ein Original-Ginelli: Das auf Pappe gezogene Foto eines glücklosen Toreros, dem ein Stier sehr energisch ein Horn genau in den Schritt rammt, wird ergänzt durch eine Dose ›Menzi Eierstich‹. Ein Kalauer, gewiß, aber ein recht findiger und nicht in beliebiger Menge reproduzierbarer. Ginelli klaubt seine Sprachwitze schließlich nicht bloß aus dem Wortschatz, sondern er bringt Fundstücke sehr unterschiedlicher Provenienz - hie Bilder aus Zeitschriften, da Kleinwaren aus dem Supermarkt - zusammen und läßt sie kommentarlos miteinander korrespondieren. Das Ergebnis ist zugegebenermaßen manchmal eher matt, aber mindestens ebensooft überraschend, einleuchtend, ja schlagend. Mir jedenfalls wird jedes Mal, wenn ich meine Küche betrete, untenrum leicht wunderlich zumut. Und das ist doch allemal zwanzig Euro wert - wie überhaupt allein schon der Preis für seine Werke Ginelli als echten Amateur, d.h. Liebhaber seiner Sache, viel mehr denn als Kunstscharlatan ausweist. Für das Geld kriegt man bei anderen schließlich nicht mal ein Viertelgramm Fettecke."
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