Inhalt der Printausgabe

Juli 2004


Humorkritik
(Seite 2 von 9)

Adams Sündenfall
Zu den Vorurteilen unter Philosemiten gehört, daß Juden per se witzig, geistreich und humorvoll seien. Nun hat Michel Friedman auch hier mit hohem körperlichen Einsatz dazu beigetragen, Vorurteile abzubauen - aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was Adam Sandler geleistet hat. Der 1966 in Brooklyn geborene Schauspieler hält sich zwar für einen naturbegabten Komiker, beherrscht aber dennoch nur eine simple Masche: Im Prinzip spielt Adam Sandler jedes Mal den zwölfjährigen Jungen, der beim Bonbonklauen erwischt wird und versucht, mit lausbübischem Grinsen das fällige Donnerwetter abzuwehren. Darüber hinaus muß er pro Film mindestens einen Widerpart verprügeln, eine Referenz zur Rockband Van Halen unterbringen und schamloses Productplacement betreiben. Es wäre unangemessen, Sandlers Humor als pubertär zu bezeichnen - dafür sind seine Scherze einfach zu kindisch.
Adam Sandler wurde von dem hierzulande zu Recht eher unbekannten Politclown Dennis Miller entdeckt: Miller brachte Sandler bei Saturday Night Live unter. Nachdem Sandler in dem SNL-Spin-Off "Coneheads" in einer kleinen Rolle aufgetreten war, war er in den Augen seiner Förderer reif für Hauptrollen.
In Filmen wie "Happy Gilmore" und "Waterboy" wurde er als eine Art globaler Stefan Raab zum Idol aller Kindsköpfe; dann wollte er mit romantischen Komödien nun auch Zuschauerinnen gewinnen. Eigentlich war dieser Plan von vornherein zum Scheitern verurteilt, denn wie soll ein Typ, der nichts mit Frauen anfangen kann, glaubwürdig um eine Herzensdame kämpfen? Das Projekt gelang trotzdem. Zum ersten Mal in "Eine Hochzeit zum Verlieben", weil Drew Barrymore so tat, als sei sie Nebendarstellerin, während sie den ganzen Film auf ihre schmalen Schultern lud. Ähnliches leistete Winona Ryder in "Mr. Deeds". Daß Mrs. Barrymore den Job in Sandlers jüngstem Werk "50 erste Dates" klaglos wiederholte, zeigt in erschrekkender Weise, welchen Diskriminierungen Frauen in unserer durchemanzipierten Gesellschaft immer noch ausgesetzt sind. Aber auch Männer folgen dem Ruf Sandlers. Harvey Keitel spielte Satan in "Little Nicky", Jack Nicholson einen Seelenklempner in "Die Wutprobe", Steve Buscemi und John Turturro gaben sich für Nebenrollen her.
Daß Sandler-Filme mitunter ansehnlich und sogar lustig sein können, liegt an diesen prominenten Mitarbeitern, die sich enthusiastisch in den Dienst der banalen Sache stellen. Zur Zeit dreht Sandler "Spanglish", einen Film über mexikanische Einwanderer in Kalifornien unter der Regie von James L. Brooks. Vielleicht kommt ja der "Simpsons"-Produzent auf die Idee, Sandler durch einen Cartoon-Charakter zu ersetzen oder wenigstens durch einen wirklich witzigen Mimen synchronisieren zu lassen. Denn ein Film von Adam ist desto besser, je weniger Sandler darin enthalten ist.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt