Inhalt der Printausgabe
Januar 2004
Aus der Serie "Kommunisten helfen Wirtschaftsführern" Goethe und sein Ackermann (Seite 4 von 5) |
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Sie verschwindet in der Menge. Spaßgesellschaft Deutschland - wer denkt an die Opfer (Ackermann)? Womöglich der hochgewachsene und trübgelaunte Bosnier und Politologiestudent im ersten Semester. Er wirkt müde, die langen Locken sind lose zu einem Zopf gebunden, die Augen sanft auf Halbmast; er wartet. Worauf? Auf den Sommer? Darauf, daß einer das Klo repariert? Oder nicht eher auf eine Gelegenheit, mal eine fundierte Meinung abzuschicken? "Deutschland ist für mich die perfektionierte Bananenrepublik", so das Ergebnis jahrelangen Spiegel-Mißbrauchs. Und welches Strafmaß hält er für angemessen? "Prügelstrafe", kommt es als Zeichen, daß auch die Bild-Zeitung an deutschen Universitäten gern gelesen wird: "In Bosnien", seine Augen beginnen zu leuchten, "in Bosnien verprügelten Freiheitskämpfer die übriggebliebenen Ausbeuter und - es hörte auf! Das ist das einzige, was hilft!" Womöglich sogar in so schweren Fällen wie seinem. Und wie steht der talentierte Wirrkopf schließlich zu Iso- und Dunkelhaft, die ja auch Josef Ackermann blühen? "Ich habe keine Angst vorm Dunkeln", das ist auch besser so, denn im Oberstübchen herrscht natürlich Stromausfall. | ||
In der U-Haft der JVA Preungesheim sei es im übrigen gar nicht so schlimm, wie alle meinen: Er habe zwei Freunde, die wegen Drogen dort ein paar Wochen gewesen seien, die hätten sich wirklich nicht beklagen können. Wie wir immer sagen: In deutschen Gefängnissen fühlt sich der Bosniak so wohl wie der Pfarrer in der Haushälterin. Und gehört deswegen vom Fleck weg eingesperrt. | ||
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Und eingesperrt ist ja auch der Ackermann Josef nach wie vor und also auf Solidaritätsbekundungen aller Art unbedingt angewiesen. Gut, daß wir entsprechend einschlägige Solidaritätspostkarten zu Tausenden auf unserem Befreiungstisch liegen haben: "Lieber Dr. Ackermann, ______________________ und ______________________ Mit solidarischen Grüßen, ______________________" Da ist des guten Wünschens natürlich kein Ende: "Ich unterstütze Sie, hoffentlich unterstützen Sie uns Studenten, wenn es Ihnen wieder möglich wird!" halluziniert eine gewisse Natali. "Weiter so, viel Glück" kondoliert C. Krappitz. "Obwohl ich Dresdner Bank-Kunde bin, wünsche ich Ihnen alles Gute und baldige Freilassung", gibt sich ein "Dionisi" herzlich, und "Ich wünsche 25 Jahre qualvolle Zeit in Haft, und ich hoffe, daß du dort merkst, daß man Geld nicht fressen kann", formuliert "dein Freund Timo, Philosoph" die Hilfsschulversion des kategorischen Imperativs. Wie überhaupt die intellektuelle Leicht-fer-tigkeit des jungen Deutschlands nicht unbedingt dabei helfen wird, Josef Ackermann auch nur eine Stunde früher aus seinem modrigen Kerkerverlies zu holen. Gut, daß es mittlerweile auch sogenannte Seniorenstudenten gibt, die werweiß ihre Zwetschgen nicht jeden Donnerstag auf dem Bockenheimer Wochenmarkt verklopfen. | ||
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