Inhalt der Printausgabe

Januar 2004


Aus der Serie "Kommunisten helfen Wirtschaftsführern"
Goethe und sein Ackermann
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+++ TITANIC BEFREIT JOSEF ACKERMANN +++ STUDENTEN BEGEISTERT +++ DAX SINKT AUF HISTORISCHEN TIEFSTSTAND

Jemand mußte Josef A. verleumdet haben, denn als er eines Morgens den siebten Schnaps in den fünften Frühstücks-kaffee zu schütten im Begriffe war, rappelte es an der Tür des ge-schmackvoll eingerichteten 100-Zimmer-Appartements im schönen Königstein im Taunus. "Wer, hups, kann das sein?" fragte sich A.(ckermann) gedankenverloren und nahm seine fleischige Vorstandspranke aus dem Schritt des Dienstmädchens, das er sogleich zum Türöffnen jagte. Eine Minute später standen zwei Herren in unmodischen Anzügen im Wohnzimmer und schauten stoisch auf die Sauerei aus Marmeladenklecksen, Croissantkrümeln und Fleischsalat vom Faß. "Herr Derrick?" schnappte Ackermann wie panisch nach Luft. "Ich glaube, ich bin im falschen Film!" - "Allerdings", sagte Leo Kress und bedeutete dem ihn begleitenden Negersmann, das Brötchen wieder hinzulegen. "Lieber Herr Ackermann, wegen Ver-untreuung von sehr viel Geld sind Sie vorläufig festgenommen. Und Sie haben da Marmelade am Mund."
 
So oder ähnlich lustig geht es seit geraumer Zeit in Josef Ackermanns Angstträumen zu. Der Prozeß gegen den vitalen Vorstandschef der Deutschen Bank, dem vor-geworfen wird, bei der Übernahme von Mannes-mann durch Vodafone Anfang 2000 insgesamt umgerechnet 57 Mio. Euro veruntreut zu haben, indem er Mannesmann-Vorständen überhöhte Abfindungen habe zukommen lassen, beginnt im Januar. Groß ist das allgemeine Interesse am "spektakulärsten Prozeß der deutschen Wirtschaftsgeschichte" (Manager Magazin): Von hundert Deutschen haben 85 den Namen Ackermann "noch nie gehört", der Rest hat Vodafone-Aktien oder einen solchen Hau, daß er statistisch nicht relevant ist. Der Fall ist klar: Wieder einmal muß ein unschuldiger Wirtschaftskapitän für die Verfehlungen der Politik den Kopf hinhalten - man schlägt den Sack (Ackermann) und meint den Esel (Kohl). Wieder einmal zeigt das Schweinesystem sein süßes Schnäuzchen und läßt einen der beliebtesten Vordenker des Hire & Fire auf u.U. Jahre hinter schwedischen Gardinen verschwinden. Zustände wie in einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat! Und den will ja niemand weniger als wir.

 
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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt