Inhalt der Printausgabe

Dezember 2003


Flüchtlingsschelte
Verdrängte Geschichte
TITANIC-Leser zu Vertreibung und Bombenkrieg
(Seite 3 von 5)

"Unsere Familie hatte Weingüter in Ostpreußen, aß nur von Silbertellern, wenn das Gesinde die Goldteller spülte. Aus den Gütern machten die Russen eine Essigfabrik, die Teller haben sie im Suff verloren. Begründung: Hitler. Ja, was hatten wir denn mit Hitler?! Wir waren im Widerstand, haben Hitler nie gewählt, immer Göring."
Leo von O.-S. (84), Düsseldorf



"Draußen randalieren Ausländer, machen einen Höllenlärm, daß man nicht schlafen kann, und wenn man morgens vor die Tür tritt, ist alles kaputt. Sicher, man kennt das, wenn man in Frankfurt wohnt, aber so waren auch die Bunkernächte unserer Großeltern."
Manfred T. (32), Oberursel



"Soviel zum Thema Wiedergutmachung: In Kalifornien genießen die indianischen Ureinwohner erhebliche Steuervorteile, in Polen müssen wir Deutschen uns für unsere Vergangenheit auch noch verhöhnen lassen. Amerika, du hast es besser!"
Dr. Norbert W. (57), Bayreuth



"Es herrschte ja damals Diktatur, was heute viele vergessen, die selber jeden Modetrend mitmachen (z.B. Schlüsselbänder um den Hals oder im Schritt offene Stringtangas mit Harry-Potter-Motiv). Es wäre doch auch nicht okay, wenn man Leuten mit Schlüsselbändern oder Harry-Potter-Stringtangas plötzlich das Haus zerbomben würde, oder?"
Janine G. (23), Magdeburg


"Die junge Generation weiß ja oft gar nichts von unserem Leid. Terror gegen unschuldige Zivilisten, Judenhaß, Völkermord - nach 1945 mußten wir damit wieder ganz von vorne anfangen."
Thorwald D. (91), Braunschweig





"Als wir klein waren, erzählte uns Oma oft von der Flucht aus Schlesien mit ihren vier kleinen Kindern, von Not, Hunger, Kälte, Vergewaltigung und den Demütigungen, die man als Vertriebener damals zu erdulden hatte. Das alles immer in diesem schlesischen Akzent - wir haben uns weggeschmissen vor Lachen!"
Inge P. (39), Iserlohn



"Als die Sirenen losheulten und dann die Kinder, habt ihr geschwiegen. Ihr wart ja keine Kinder. Als der Tod vom Himmel fiel und die Steine Feuer fingen, habt ihr geschwiegen. Ihr wart ja keine Steine!"
Walburga B.-F. (44), Steinfurt







"Kaum hatten sie die Rote Armee hinter sich, fühlten sich die Juden gleich wieder obenauf. Unter ihnen hatten wir Deutschen damals viel zu leiden, so wie heute die Palästinenser. Wir konnten uns allerdings nicht wehren, wir hatten ja nichts (z.B. Gürtel, Sprengstoff)."
Hermann J. (87), Herborn



Mark-Stefan Tietze



    | 1 | 2 | 3 | 4 | 5    |


Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt