Inhalt der Printausgabe
September 2002
Vom Fachmann für Kenner (Seite 14 von 16) |
Grenzdebil Es begab sich also zu einer Zeit, als zwei meiner besten Freunde ihren Zivildienst in Köln leisteten. Ein dunkelgrüner Jaguar rollte auf den Hof des Malteser-Hilfsdienstes, und ihm entstieg ein alter Bekannter, der gerade ein Volontariat bei einer Automobilzeitschrift absolvierte. Den Wagen hatte er "zu Testzwecken" für das Wochenende entliehen, und nachdem wir den Samstagnachmittag mit einer Runde Büchsbier eingeläutet hatten, verständigten wir uns rasch auf das Ziel einer Spritztour: Venlo, die kleine Stadt kurz hinter der holländischen Grenze und bekannt für - na, man weiß ja Bescheid. Es war ein sonniger Tag, wir trugen alte T-Shirts mit Bandnamen darauf, fleckige Jeans und die sämtlicherweise langen Haare offen. Der Jaguar war vollgetankt, gegen die Hitze des schwarzen Leders kämpften wir mit gut gekühltem Kölsch an. Wir rauchten, was eben noch reinging, hörten Dead Kennedys und legten die Füße auf Armaturenbrett und Kopfstützen. Mit unseren Piloten-Sonnenbrillen kamen wir uns vor wie Rockstars. Einer hatte extra seine Totenkopfringe angezogen, ich rülpste, so laut ich nur konnte. Jeder versuchte auf seine Weise, in möglichst krassem Kontrast zur gelackten Eleganz des 12-Zylinder-tausend-PS-hunderttausend-Mark-Mobils zu stehen und somit einen extrem ludenhaften, negerkallemäßigen Gesamtkontext zu schaffen. Dann kam die Grenze, und als man uns schon nach drei Stunden intensiver Auto- und Personenanalyse weiterfahren ließ, waren wir uns natürlich alle einig: Wir hätten die Sonnenbrillen abnehmen sollen. Niels Jürgens
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