Inhalt der Printausgabe
Juli 2002
"Der Alkohol hat auf ihn sehr gewirkt..." Marcel Reich-Ranicki im TITANIC-Gespräch über Bier und Rotwein, Martin Walser und (Seite 3 von 12) |
Schröder Na, ich hab das verfolgt, wie Ihnen in letzter Zeit mitgespielt wurde, und ich möchte einfach Ihnen und Ihrer Frau mein tiefstes Mitgefühl aussprechen, und ich möchte mich dafür entschuldigen, daß so etwas ausgerechnet in Deutschland passiert ist. Reich-Ranicki Da sind Sie doch nicht schuld. Schröder Naja, aber ich kann mir in etwa vorstellen, wie Sie sich fühlen. Also mich selbst hat ja vor wenigen Wochen erst der Stern nackt auf dem Titelbild gezeigt. Reich-Ranicki (mit Verve) Auch widerwärtig. Idiotisch. Naja, das ist das Niveau dieser Blätter. Schröder Ja, es gibt offenbar keine Grenzen mehr im Land der Dichter und Denker. Reich-Ranicki (angeekelt) Nein, nein. Ich fand das so blöde, diese Fotomontage und auch - ich meine - so sinnlos, ja? Aber warten Sie, sie werden noch Frau Merkel auch gelegentlich nackt zeigen. Oh Gott beschütze mich vor diesem Anblick! Schröder Jaha (lacht). Man fühlt sich manchmal wie Freiwild, nicht? Reich-Ranicki Ja, ja, ja, und ich meine, Sie haben mehr unter all den Dingen zu leiden. Aber manche sagen mir gelegentlich, ich sei überempfindlich. Ich glaube nicht, aber wenn, dann habe ich schließlich Gründe. Ich hab schließlich Gründe, überempfindlich zu sein. Ich habe den Walser damals, als die Affäre mit Bubis war in der Paulskirche, hab ich ihn mit aller Entschiedenheit verteidigt, er sei kein Antisemit, natürlich nicht. Ich weiß nicht, vielleicht ist er es auch heute nicht, aber sein Buch ist in hohem Maße antisemitisch, es ist übel, naja. Schröder Ja, vielleicht sehen Sie es einfach wirtschaftlich. Ich meine, Sie haben ja auch bewiesen, daß Sie gut schreiben können, nicht, und schreiben einfach selber ein Buch, wo Sie also jetzt den Walser um die Ecke… Ich mein, davon würde ich Aktien kaufen. |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11| 12 |