Inhalt der Printausgabe

Februar 2002


TITANIC-Telefon-Terror

Mark - stark, Euro - teuro!

(Seite 2 von 10)

Ehepaar Torno
"Ich bin nicht so'n Lottertyp!"


TITANIC Sonneborn, Abteilung Umstellung/Euro-Gleichschaltung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main, guten Tag.
Torno Moment, ich geb Ihnen lieber mal mein Mann. (übergibt Hörer) Ja?
TITANIC Guten Tag, wir hätten gerne gewußt, wie Ihnen unser neues Geld gefällt, der Euro.
Torno (mürrisch) Ach, so richtig gefällt er mir nicht! Also, ich hätte lieber die D-Mark behalten.
TITANIC (enttäuscht) Das sagen Sie uns erst jetzt, wo wir alles in die Wege geleitet haben? Aber warum?
Torno Na, weil das eine Rechnerei ist! Wenn du in der Kaufhalle bist, dann haben die D-Mark und ihren Rechner, das geht hin und her.
TITANIC Aber Sie haben das doch schon mal mitgemacht, als Sie unser Westgeld bekommen haben.
Torno Ja, das war ja auch einfacher.
TITANIC Das war aber genau derselbe Kurs, eins zu zwei!
Torno Ja, doch, aber wir haben immer schon Westgeld gehabt, da konnten wir uns schon dran gewöhnen, da war das schon ganz anders.
TITANIC Ups! In der DDR? Das wußten wir hier bei der Zentralbank gar nicht!
Torno (triumphierend) Ja, siehste! Von meiner Schwiegermutter in Westdeutschland nämlich.
TITANIC Ah, ja. Und wie finden Sie es jetzt von der Optik, das neue?
Torno Das haben wir ja noch gar nicht richtig angesehen, wir zahlen ja noch in D-Mark.
TITANIC Soso, und wie lange wollen Sie jetzt noch in der D-Mark bleiben? Uns fehlen da nämlich noch rund 8000 DM aus Ihrer Gegend.
Torno Ja, so viel haben wir nicht mehr, was ich noch hab, geb ich noch aus.
TITANIC (beharrlich) Wann genau können wir denn jetzt mit dem Geld rechnen?
Torno (bedächtig) Na, vielleicht so 10, 14 Tage, dann wollen wir langsam mal was umtauschen bei der Bank, mal sehen, wie das läuft.
TITANIC Sehr gut! Würden Sie es denn auch begrüßen, wenn die Regierung jedem Bürger ein Pflegeset für die neuen Münzen und Scheine zur Verfügung stellen würde?
Torno Ja, das haben wir doch schon gekriegt, so'n Beutel.
TITANIC Nein, nicht das Start-Set. Ein paar Bürsten und ein kleines Bügeleisen, damit man die Münzen pflegen und die Scheine bügeln kann.
Torno (mißtrauisch) Ich weiß nicht, ob ich das für richtig halte.
TITANIC Gehen Sie denn ordentlich um mit dem Geld?
Torno (entrüstet) Aber sicher. Also ich bin nicht so'n Lottertyp, der das in der Hosentasche mit rumträgt. Ich mag auch keine Eselsohren, weder in meinen Unterlagen noch in meinem Geld.
TITANIC Gut, dann nur noch eine kleine Aufgabe. Wieviel D-Mark sind 7 Euro?
Torno 7 Euro? Das doppelte, also 14. Stimmt das?
TITANIC Ganz genau. Und wieviel sind 80 Euro minus 44 Euro?
Torno (souverän) Na, die Hälfte!
TITANIC Genau, ich sehe schon, Sie kommen ganz gut zurecht. Gut, dann wünsche ich Ihnen da drüben noch viel Freude mit unserem Geld.
Torno Ja, vielen Dank.

Das hatten wir uns fast gedacht: Im Osten hat die D-Mark auch nach 12 Jahren immer noch recht anhängliche Freunde. Der Zonenbewohner achtet auf sein Geld und heftet seine Scheine wahrscheinlich auch zukünftig in Klarsichthüllen ab. Nur mit dem Teilen haben sie es drüben nicht so recht...

Euro-Telefonat
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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/innen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg