Inhalt der Printausgabe

Februar 2002


TITANIC-Telefon-Terror

Mark - stark, Euro - teuro!

(Seite 10 von 10)

Frau Erdmann
"Ich war gleich glücklich!"


Erdmann ...alles ist teurer geworden. Zuerst kam ein Brötchen 35 Pfennig, jetzt kostet's 40 Pfennig. Oder 40 Euro. Nee, wie nun? Erst kam's, was hab ich bezahlt? 75. (Schweigen) Pfennig. Und jetzt kostet's 40 Euro. Nee, Cents sind ja das. Aber ich brauche es, also muß ich's kaufen.
TITANIC Und wie liegt der Euro in der Hand?
Erdmann Doch, ganz gut. Sieht gut aus, schönes Design, bißchen wie Spielgeld, aber man gewöhnt sich dran. Wunderschön, das habt Ihr alles richtig gemacht!
TITANIC Fein. Wie gehen Sie denn um mit dem Geld? Pflegen Sie das Geld?
Erdmann (begeistert) Ja, öfters mal tu ich's in Geschirrspüler, nee, die neuen jetzt noch nicht. Aber sonst, das andere Geld, die Münzen, hab ich immer in meinen Geschirrspüler reingetan und hab sie mal mitgewaschen, dann haben sie schöner geglänzt.
TITANIC (irritiert) Unsere D-Mark? Oder was?
Erdmann Ja, vorher, das kleine Geld, die D-Mark und Pfennige, Mark, 50er.
TITANIC (ehrlich begeistert) Ach! Deswegen haben die immer so geglänzt, denn die waren ja schon sehr alt. Manche waren ja ein bißchen heruntergekommen.
Erdmann Ja, ist immer wieder schön geworden!
TITANIC Was haben Sie denn da für ein Spülmittel genommen?
Erdmann (stolz) Bax!
TITANIC Wie bitte?
Erdmann Bax heißt das!
TITANIC (interessiert) Das ist ja interessant, das kennen wir hier im Westen nämlich nicht. Und wir haben in der Bundesbank doch immer überlegt, wie wir...
Erdmann Das ist 'ne Firma von hier, ich hab's probiert, und seitdem mach ich das. Ich mein jetzt bei den ganz neuen, da lohnt sich das noch nicht. Aber dann nach und nach, wenn Sie die Scheine dann 20 mal durchhaben, dann wird der schwarz. Und um dem vorzubeugen, tu ich den immer dann öfters mal in die Geschirrspülmaschine!
TITANIC (fassungslos) Scheine auch?
Erdmann (jubelt) Und das wird wieder wunderschön!
TITANIC Scheine?
Erdmann Nee, nicht Scheine, Münzen!
TITANIC Ach Münzen. Ich meine, wir haben natürlich diese großen Münz-Geschirrspüler in der Bundesbank, die wir da nutzen. Aber es wäre natürlich praktischer, wenn der Bürger das auch zu Hause machen würde!
Erdmann Jaha! Also unsere Familie, die macht das öfters mal! Wenn wir mal sehen, oh, die blinken nicht mehr. Das ist immer ein schönes Gefühl, wenn man reinkuckt und es leuchtet und blinkt alles und ist schön sauber, das ist schon ein schönes Gefühl!
TITANIC Das stimmt, ich würde Sie nur bitten, daß Sie das mit den Scheinen doch einfach auch machen, ehrenamtlich.
Erdmann Können wir mal probieren.
TITANIC Die müßten aber hinterher gebügelt werden, Sie wissen ja, wie das sonst aussieht...
Erdmann Ja, ich weiß, hab öfters mal von meinem Sohn und meinem Mann unbewußt Geldscheine mitgewaschen.
TITANIC Bei der D-Mark war das verboten. Das war Geldwäsche!
Erdmann (lacht irre) Ja, ja, so kann man das auch nennen. Das hab ich dann auch gebügelt, ich hatte dann das Empfinden, daß die Farbe da ein bißchen raus ist, aber so oft kam das auch nicht vor... Ich hab das dann immer, ordentlich wie ich bin, zur Sparkasse gegeben, das haben die immer unbürokratisch getauscht.
TITANIC Aber das ist ja schön, daß es Bürger gibt, die da auch ein bißchen mitdenken. Manchen Leuten ist es doch - auf gut Deutsch gesagt - scheißegal, wie ihr Geld aussieht!
Erdmann Nö, also mir nicht! Ich möchte doch schon einen ordentlichen Schein in den Händen sehen. Und auch weiterreichen. Man kriegt auch alte, schmutzige, aber die will ich überhaupt nicht im Portemonnaie haben, sondern schnell ausgeben! Also ich war gleich glücklich mit dem sauberen neuen Geld!

Wie wenig es braucht, die Menschen zwischen Oder und Elbe glücklich zu machen: Ein bißchen Spielgeld, ein bißchen Spülgeld, ein paar Milliarden Milliarden und völlig irre wechselnde Brötchenpreise. Wenn Erich Honecker ein paar Jährchen früher darauf gekommen wär, könnten wir heute unser Geld selber pflegen!

Euro-Telefonat


Martin Sonneborn


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt