Inhalt der Printausgabe

September 2001


Drei in der Tube
oder: Ménarsch à trois!

Eine symbiotisch-bioGraphische Gratulationscour.
(Seite 2 von 8)

An einem vermutlich Dienstag im Sommer 1974 fühlen sich drei junge Menschen nicht recht wohl. Heiß und staubig ist es in ihren Köpfen, es rumpelt und rumort, ein Gemisch aus dumpfer Wut und hehrem Zorn gast durch Ganglien und Synapsen. "Ein Scheißverein, bei dem man nicht mal richtig feiern kann!" entfährt es dem ersten, der beim Fußballclub Bayern München als Mittelfeldmann angestellt ist, erst leise und dann noch einmal lauter: "Ein Scheißverein, jawohl!"
Die zweite ist im Elsaß, demonstriert gegen Atomstrom und Bleichemie und läßt sich vor Zeugen zu einem vehementen "Scheißdochrein" hinreißen, als sie beim Sitzblockieren das Gleichgewicht verliert und in einen Pott Knüppelsuppe fällt.
Der dritte legt in einem Probekeller in Köln-Radethal das Mikro weg, steckt sich eine evtl. Juno an und droht seinem geistig behinderten Rhythmusgitarristen, er, der Rhythmusgitarrist, solle gefälligst sein Plektrum aus dem Rektum, zurück: aus dem Mund nehmen und im übrigen jetzt endlich mal "leise sein", zuviel Rhythmus vertrage er, der Haupt- und Vorsänger und überhaupt prospektive Star der "Top-Singers", nämlich nicht, da bekomme er immer sofort Schluckauf oder sogar einen Steifen.
Und da "nichts ABSOLUT zufällig ist, vielmehr alles nothwendig eintritt und sogar die Gleichzeitigkeit selbst, des kausal NICHT Zusammenhängenden, die man den Zufall nennt, eine nothwendige ist, indem ja das jetzt Gleichzeitige schon durch Ursachen in der entferntesten Vergangenheit ALS EIN SOLCHES bestimmt wurde; so spiegelt sich Alles in Allem, klingt Jedes in Jedem wieder" (Schopenhauer, Über die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksale des Einzelnen), und deswegen ist der 74er Sommerdienstag auch nicht einfach irgendso ein Dienstag; wie ja auch der "blaue Mond September" (Brecht an Stalin) des Jahres 1951 nicht irgendein Monat ist, sondern schicksalhafter Dreh- und Wende- und Angelpunkt für wenigstens drei personae non ganz dichtae, die am 9., 22. bzw. 29. September fast zeitgleich (ca. halb fünf bzw. 20.15 Uhr) auf die Welt gepurzelt kommen; nämlich:
Paul Breitner, Fußballer;
"Jutta Gerta Armgard von" (cf. Munzinger-Archiv) Ditfurth, "Autorin und Soziologin" (Ullstein);
sowie Wolfgang Remling, nachmals Petry, Rockschlagerist und "Phänomen" (Reinhold Beckmann im ARD-TV), ja: "Idol" (Th. Gottschalk ebd.).
Phänomen- und Idolhaftigkeit eignet ihnen aber durchaus allen dreien, obwohl sie ja nun weiß Gott aus erheblich unterschiedlichen Lebenswelten (Habermas) kommen: "Ich bin Fußballprofi, und das ist mein Job", so z.B. Paul Breitner erstmals 1980 autobiographisch und viel zu bescheiden in dem flüssig geschriebenen Bildband "Ich will kein Vorbild sein" (Copress), wohingegen Juttas Leben und eben auch Treiben sich eher in einem "Ich bin sechsunddreißig, da finde ich zwei Abtreibungen auf ein lustvolles, knapp zwanzigjähriges Geschlechtsleben relativ wenig" (Cosmopolitan 8/88) schürzt; und dritterseits Wolfgang bzw. "Wolle" auch schon völlig aus dem Rahmen fällt: "Jetzt sitz ich auf meinem Bett rum / hab die Kneipe hinter mir / in meinem Kopf geht gar nichts mehr / mein Herz, es braucht dich sehr."
Heuer werden sie alle fünfzig. Na also.


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg