Inhalt der Printausgabe

Dezember 2001


3900 Witze für die Heimatfront!


Eines braucht man derzeit wohl kaum noch zu betonen: Kriegszeiten sind keine einfachen Zeiten! Schon gar nicht für eine engagierte Redaktion, die bequem und aufs beste versorgt in der Etappe vor dem Fernseher sitzen bleiben muß, während sich Tausende junger deutscher Soldaten aufmachen dürfen, in Afghanistan und irgendwo um Afghanistan herum unsere westliche Zivilisation zu verteidigen.
Martin Sonneborn, Chefredakteur
Martin Sonneborn,
Chefredakteur
Aber in dieser kritischen Situation darf Bundeskanzler Schröder von jedem einzelnen erwarten, daß er seine Pflicht tut. Und unsere Pflicht ist es nun mal nicht, sich den Arsch im Grundeis des Hindukusch abfrieren bzw. -schießen zu lassen, sondern für gute Stimmung an der Heimatfront zu sorgen. Deshalb haben wir im hinteren Teil dieser TITANIC-Ausgabe, ohne daß Bundeskanzler Schröder uns explizit dazu aufgefordert hätte, in vorauseilendem Gehorsam 3900 Witze bereitgestellt, die jetzt von der Bundesregierung nach Belieben eingesetzt und verheizt werden können.

Kommando Spezial-Kalauer Nr. 2156
Kommando Spezial-Kalauer Nr. 2156

Ein paar hundert davon - sogenannte "Kommando Spezial-Kalauer" - sollen, das dürfen wir wohl sagen, ohne daß ein Hamburger Amtsgericht uns gleich wegen Geheimnisverrat verurteilt, demnächst über Afghanistan abgeworfen werden, damit sich die humorlosen Einheimischen darüber totlachen.
Sicherlich eine umstrittene, von der Genfer Konvention nicht unbedingt gedeckte Art der Kriegsführung, aber wohl erheblich umweltschonender als das sinnlose Abfeuern von 1 Mio. Mark teuren Marschflugkörpern, die im Schnitt jeweils ungefähr 1 Rotkreuz-Mitarbeiter umbringen und dann vom militärisch-industriellen Komplex teuer nachgebaut werden müssen. (1 Mio. Mark! Mit diesem Geld könnte man einen Afghanen ausfliegen, neu einkleiden, zur Universität schicken, mit schmuckem Eigenheim, Kreditkarte und Mittelklassewagen versorgen und dann ganz herkömmlich erschießen!)

Auf unseren Rat, das Taliban-Regime hinwegzufegen, indem man im Ramadan über Afghanistan komplette 12-gängige Menüs mit Schweinebraten abwirft ("Zum baldigen Verzehr bestimmt!"), begleitet von einer detaillierten Speisekarte ("Und das versäumen Sie morgen…") - darauf wollte ja mal wieder niemand hören...

Wo immer Sie uns gerade lesen, im Ohrensessel oder unter Beschuß, im Namen der Redaktion wünsche ich Ihnen eine besinnliche Vorweihnachtszeit!

Herzlichst, Ihr
Martin Sonneborn


Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt