Inhalt der Printausgabe
April 2001
Humorkritik
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Halber Bortlik |
Wann wurde in Humorfachkreisen das letzte Mal über den despektierlichen Gebrauch des Witzattributes "gewollt" diskutiert? Ich komme drauf, weil der Schweizer Wolfgang Bortlik dafür wie geschaffen zu sein scheint. Zumindest bei meinen Kollegen, denen nichts Besseres einfällt. Denn natürlich ist jeder Witz gewollt. Was denn sonst! Ein zweites Verdikt hängt ferner dräuend über diesem Autor, und das heißt: zu viel Henscheid. Dieser approximativ vernichtend gemeinte Vergleich wird gerne von denen herangezogen, die Henscheid nur vom Hörensagen kennen und da im Speziellen höchstens via "Geht in Ordnung - sowieso - - genau - - -". Von der "Kneipe als mythopolitischem Gnadenort" (Georg Seeßlen zu seinen besseren Zeiten) liest der Mensch ja gerne. Doch eine bisweilen amüsant abdriftende Deskription des konstanten oder variablen Kneipenkapitals wie in "Wurst und Spiele" (Edition Nautilus) macht noch keinen Henscheid. Wolfgang Bortliks neuer Roman "Halbe Hosen" (Edition Nautilus) ist diesbezüglich entscheidend enthenscheidisiert, und die von den Kollegen angeprangerten "Gewolltheiten" erweisen sich einfach nur als schlechte Witze. Aber auch schlechte Witze werden durch endlose Repetition nicht besser. Genau darin aber übt sich Bortlik mit einer geradezu singulären Besessenheit. Dazu läßt er humpelschiefe Bilder ("tote Leberwurstaugen", "Blutwurstaugen", "roter Polentakopf"), plump triefende Pseudonyme ("Wichtigstadt" für Zürich, "Domstadt" für Köln), verbotene Wörter ("Schreiberling") und Dialoge auf uns herabregnen, die so selbst in den beschriebenen Rockveteranenmilieus nie geführt worden wären, ja mit Gewißheit nie geführt wurden. Und die Idee zur Handlung wird ihm bestimmt erst während der Niederschrift gekommen oder auch abhandengekommen sein. Aber "Nick Hornby auf schweizerisch", wie ihn das weltbekannte Magazin Facts apostrophiert. Das war dann das erste Mal, daß ich doch richtig lachen mußte. Obwohl Bortlik andererseits hervorragende Dinge gelingen! Seine absolut amtliche Transkription Stewart Homes geht mehr als in Ordnung, und die verständige Adoration des "Hirscheneck" in der Serie "wahre Lokale" (59) für die tageszeitung vom 21. Februar 2001 sowieso. Na bitte, es geht doch, möchte man ihm zum Trost zuprosten. Genau. |
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