Inhalt der Printausgabe
Dezember 2000
TITANIC testet die Post: Von Menschen und Marken (Seite 4 von 7) 1. Tag, 16.15 Uhr, Team 2, Frankfurt-Preungesheim, Homburger Landstraße Die Herren Gsella und Zeller sehen nicht so aus, als ob ihnen alte Kriegerwitwen die Tür öffnen würden; von jungen zu schweigen. Deswegen haben sie sich in dieselbe Montur gezwängt wie die gutaussehenden Kollegen in der Nordweststadt und sich Dienstausweise auf die Namen "Hannes Küng" resp. "Volker Panzer" ausgestellt. Rasiert sind die beiden unsympathischen Vollidioten nur untenrum; nur gut, daß es schon fast dunkel ist. Durch skrupelloses Sturmläuten verschaffen sie sich Eintritt in ein schmuckloses Mehrfamilienhaus und klingeln an der nächstbesten Wohnungstür. Ein Schlurfen, Stöhnen und Ächzen, dann knistert und kratzt es zehn Minuten lang im Türschloß. Wer immer da den Schlüssel in der Hand hält, ist alt und hat Besuch verdient. Allerdings nicht diesen. "Momeeent!" fleht die brüchige Stimme einer Seniorin. "Oje, falscher Schlüs… Moomeeent, hoihoihoi!" Vier Anläufe, den richtigen Schlüssel ins Schloß zu friemeln, werden von energischem Fußgeschlurfe rhythmisch unterbrochen. "Warten Sie! Gleich… auch wieder falsch… wo isser denn?" Schließlich öffnet sich die Tür doch noch. Wer beschreibt die Enttäuschung der alten Frau, als sie statt Willi Fritsch und Heinz Rühmann die Postler Küng und Panzer wegen grauen Stars im Prinzip eh nicht sieht! Immerhin war ihr Mann mal bei der Post, und deswegen freut sie sich doppelt über die Geschenkbanane mit aufgestempeltem Post-Emblem, die ihr die zwei Aushilfsdrücker so galant wie fast schon melancholisch überreichen. Der Fragebogen bleibt unausgefüllt. Alte Menschen, schön und gut. Aber was hat die Post davon? Die Türe gegenüber öffnet eine etwas jüngere Frau mit angestrengt hochtoupiertem Haar, die sich den Avancen des TITANIC-B-Teams durch die Behauptung, schwerhörig zu sein, mit großer Finesse zu entziehen versteht. Nachdem Küng und Panzer zu Ende gebrüllt haben, reißt die Vorstadtmatrone Panzer noch wortlos die Werbebanane aus der Hand und knallt die Tür zu. Wieder nichts. Der gemeinen Frau hinter der Tür scheint die Post zwar nicht banane, aber dafür arschegal zu sein. Höchste Zeit, daß die Post diesem blöden Preungesheim die Postleitzahl entzieht. |
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