Inhalt der Printausgabe

So lerne ich Oma noch mal von einer ganz neuen Seite kennen!

Häusliche Pflege leichtgemacht

Sehr geehrte Leistungsberechtigte und Anhang,

das Pflegestärkegesetz II ist ein Quantensprung für die Pflege, wie ich schon vor einer Weile einem Fachblatt für die Belange Seniler, der Bild am Sonntag, gesagt habe. Und ja, ich weiß, daß ein Quantensprung physikalisch einen fast nicht zu beobachtenden Sprung bedeutet – ich bin ja noch nicht dement. Aber Sie oder einer Ihrer Angehörigen wohl schon, sonst würden Sie nicht dieses Grußwort zu lesen versuchen. Und deswegen möchte ich Sie auch mit wohlgemeinten Januswörtern aus der BamS beruhigen, ja ganzen Janussätzen: Keiner, der heute schon Pflegeleistungen erhält, wird durch das neue Gesetz schlechtergestellt. Höchstens gelegt. Und von denen, die morgen welche benötigen, reden wir dann übermorgen. Solange gilt: Wir weiten die Leistungen im häuslichen Bereich massiv aus, so daß für mehr Menschen der Verbleib in der eigenen Wohnung möglich ist. Doch seien wir ehrlich: Wer kann, wenn Oma lahmt und Opa klappert, sich noch eine Polin, den (leider nicht mehr gestohlenen) Rolls Royce unter den Pflegekräften, leisten, gerade nach dem Pflegestärkegesetz II? Also ich vielleicht noch. Sie dagegen? Sie können demnächst höchstens einen Syrer kriegen, denn ich habe keine Zweifel, daß sich der Pflegebereich auch für die Integration von Flüchtlingen eignet. Bis dahin können wir so manches von anderen Kulturen lernen. So ist es in vielen türkischstämmigen Familien ganz selbstverständlich, sterbende Angehörige bis zuletzt zu begleiten. Und was ist für Sie ganz selbstverständlich? Daß der auch nicht mehr ganz frische Staat Ihre abgelegten Verwandten rundumentsorgt. Nehmen Sie sich lieber ein Beispiel am Türken! Denn so schwer ist das mit der Pflege gar nicht. Und eröffnet neue Chancen und Perspektiven.

Oma noch einmal von einer ganz neuen Seite kennenzulernen, das möchten wir Angehörigen ermöglichen, indem wir ihnen Rentenansprüche und kostenlose Pflegekurse anbieten. In diesem Faltblatt bringen wir Ihnen erste Handgriffe bei und helfen Ihnen damit, Opa sauber zu halten, selbst wenn er nicht mehr ganz dicht ist. Auch obenrum: Denn nun erhalten Menschen mit Demenz leichter Zugang zur Pflegeversicherung, dank der neuen Pflegegrade.

Die funktionieren so: Pflegestufe I wird automatisch Pflegegrad 2, Pflegestufe II wird Pflegegrad 3, Pflegestufe III zu Passierschein A38. Menschen, bei denen eine Beeinträchtigung der Alltagskompetenz festgestellt wurde, werden von Pflegestufe 0 auf Pflegegrad 2 umgeschult, von Stufe 1 auf Grad mal 3 gebracht, von Stufe 2 in den Treppenlift und von Stufe 3 auf 220 Grad ohne Vorheizen. Und wer all das nicht auf Anhieb kapiert, kommt automatisch in Pflegegrad 2 (Demenz, Sie erinnern sich?).

Heißt: Da rechnen wir mittelfristig mit 500 000 mehr Leistungsberechtigten! Die zuvorderst Zuwendung, Nähe und mutige Hände ihrer Liebsten benötigen. Kompetenz ist da nicht ganz so wichtig.

Oder lassen Sie es mich mit der ersten und wichtigsten Pflegeregel sagen: Schwamm drüber!

Ihr   

Gesundheitsminister Hermann Gröhe
(Pflegegrad CDU)

Pflege zu Hause – was benötige ich?

  1. Schutzhelm

  2. Speischutz

  3. Küßchenprotektor

  4. Mobilisierungshilfe

  5. Laxativum

  6. Weiße Weste

  7. Arztschlappen

  8. Patientenverfügung

  9. Mobiler Klinikclown

  10. Säge

  11. Appetitanreger

  12. Beruhigungsmittel

  13. Wahndreieck

Pflege zu Hause – die wichtigsten Handgriffe

Die richtige Ansprache finden

Pflegebedürftige möchten nicht den Kontakt zur Außenwelt und ihrer Identität verlieren und erfahren, was mit ihnen geschieht. »Essen ist fertig!«, »Habe auf ZDF neo ­geschaltet«, »Hitler ist tot!«: rechtzeitige und zuverlässige Informationen geben innerliche Ruhe und Geborgenheit.

Atemwege frei halten

Wenn Oma doch mal danebenhapst und daraufhin japst, ist eine schnelle Reaktion gefragt. Mit dem sog. Unheimlich-Manöver werden Luft-, Speise- und alle anderen Röhren wieder so frei wie der Wille vor der Pflegebedürftigkeit.

Nahrungsaufnahme sichern

Obwohl Pflegepatienten zumeist auf der Haut liegen (und zwar nicht auf der faulen, wenn Sie es richtig anstellen, Sie Anfänger!), nehmen sie doch so rasch ab wie Promitussis nach einer Entbindung. Deswegen ist eine regelmäßige Zufuhr stärkender Speisen elementar. Merke: Pflege geht durch den Magen (u.a.)!

Sauber bleiben

Die Würde des Menschen mag unantastbar sein, der Genitalbereich ist es nicht! Nur wer Oma überall pflegt, wäscht und cremt, kann gelegentlich den Mundschutz abnehmen. Aber nicht übertreiben: Auch mal den Kärcher im Dorf lassen!

In Bewegung bleiben

Oma muß hin und wieder mal in die Senkrechte, ob sie will oder nicht. Doch auf­gepaßt, wo der Schuh drückt!

Zuneigung spenden

Die Welt ist alles, was der Pflegefall ist – so trist fühlt sich häusliche Pflege immer mal wieder an. Trotzdem dürfen Sie nicht vergessen, Oma zu herzen. Und keine Ausreden suchen! Bei den Sachen, die Sie bereit sind mit Ihrem Sexpartner zu treiben oder sich in Pornos anzuschauen, sollten Sie auch mal in der Lage sein, ein gebeuteltes Restmenschlein zu berühren.

Rausgehen

Auch bettlägerige Menschen möchten nicht ständig in ihren vier Wänden kauern. Mit dem erprobtem Vier-Punkt-Druckklappsystem™ von Prof. Dr. Samsonite bleibt Oma transportfähig und gelangt einfach und schnell zum Bäcker, Metzger oder Friedhof (um den Ehemann zu besuchen natürlich!).

Tim Wolff, Thomas Hintner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt