Inhalt der Printausgabe

Wie TITANIC einmal fast das griechische Staatsdefizit ausgeglichen hätte

Teil 1/5

»So verbrennen die Griechen die schönen Euros«, »Griechen streiken und streiten, statt zu sparen«, »Können wir den Griechen den Euro wegnehmen?« – es ist ein scharfer Wind, der den Griechen derzeit aus der Bild-Zeitung entgegenweht. Und es ist ungerecht. Haben die Griechen denn den Deutschen nicht alles beigebracht? Die Liebe zum Leben? Die Demokratie? Wie man das Finanzamt übers Ohr haut? Anstatt auf sie einzuprügeln, sollte man den armen Hellenen doch etwas zurückgeben, Hilfe leisten! Aber nicht die kalte Hilfe von EU-Fonds oder kleinen, nicht adressierten Umschlägen (»Fakelaki«) – sondern Hilfe direkt aus dem Herzen des deutschen Volkes, das immer großzügig für absurde Zwecke spendet, wenn man die Botschaft nur weinerlich genug verkauft.

»Geld für Griechenland? Ich bin doch nicht geistesgestört!« So schallt es begeistert über den Wochenmarkt in Frankfurt-Höchst. Eine Gruppe junger Fundraiser in weißblauer Kluft ist für den gemeinnützigen Verein»Ihr Geld für Griechenland e.V.« unterwegs – ein Verein, der erst vor wenigen Minuten in der TITANIC-Redaktion gegründet wurde. Bunte Fähnchen (weißblau), Anstecker mit fetzigen Sprüchen und dicke Sammelbüchsen mit suggestiven 20€-Symbolen tanzen durch die grauen Massen der Marktbesucher.
Auch die Standbesitzer sind Feuer und Flamme für das edle Ansinnen: »Erst kommen die Griechen«, kreischt ein Althippie hinter seinem Obst hervor, »dann kommen die Spanier, dann die Italiener, die Portugiesen, dann kommen die alle nach. Kauft, Leute, kauft! Das Geld geht sowieso kaputt.« Und das erste Ehepaar, das wir ansprechen, ist gleichfalls schier hingerissen. »Da sind Sie bei mir an der richtigen Adresse«, begrüßt uns der hochaufgeschossene Paterfamilias, während ihm seine Frau bitter zunickt, »die Griechen sind bei mir nicht sehr beliebt! Das ist eine Unverschämtheit, wie die uns jetzt beleidigen, daß wir an ihrem Elend schuld sind! Nach 60 Jahren!« – »Aber denken Sie nur an das Leid, das in Griechenland herrscht«, entgegnet Sammler Golz und klappt die Fotomappe »Griechisches Leid« auf, die wir eigens für solche harten Nüsse vorbereitet haben. Doch die Bilder aus zerstörten Gebieten wie Chile oder Akropolis lassen die abgebrühten Höchsteraner kalt; beim Anblick des griechischen Ministerpräsidenten Günter Wallraff stößt der Alte die Mappe von sich: »Der ist doch Sozialist! Der soll doch hingehen, wo der Pfeffer wächst!« – »Da ist er doch schon!« kontert Golz. Die alte Frau grinst zynisch, ihr wüster Gatte ergänzt: »Ja, dann soll er da auch bleiben! In Haiti ist auch alles kaputt!«

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Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg