Inhalt der Printausgabe

Chronique Scandelöse:

Teil 2/3

1988

Am Morgen des 16. August 1988 nehmen die einschlägig vorgeglühten TITANIC-Layouter Achim Degowski und Heribert Rösner im Anschluß an einen fröhlichen Kartenabend beim »Pizza-Peter« den Wirt, der um dreiviertel fünf endlich Feierabend machen will, als Geisel und zwingen ihn mit vorgehaltenen Geldscheinen, sie ins »Moseleck« (Bahnhofsviertel) zu fahren. Unterwegs gewähren sie diversen ahnungslosen Passanten unverlangte Interviews (»Aus dem Weg, du Kaschperkopf!« – »Was ist hier eigentlich los?«) und informieren den »zufällig« anwesenden Pressevertreter (Hugo Müller-Vogg) über ihre gute Laune. Die wilde Fahrt wird durch einen überfallartig auftauchenden Betonpoller brutal beendet, Degowskis gute Laune bleibt dabei auf der Strecke. Die Rechnung über 4862,72 Mark halten die beiden Intensivtrinker noch heute für »skandalös übertrieben«.

1993

Satiredeutschland wundert sich in den frühen Neunzigern über den anscheinend unaufhaltsamen Aufstieg eines höchst durchschnittlichen, ja geradezu illiteraten jungen Autors. Bis zu drei Redakteure sind regelmäßig damit beschäftigt, die Elaborate Thomas Gsellas von orthographischen, grammatischen und inhaltlichen Schnitzern (»Bundeskanzler Hitler«) zu säubern. Wer ihn eingestellt hat und warum – ein Rätsel. Bis der unattraktive Causeur sich im Vollrausch verplappert: Dreimal die Woche muß er in Berlin bei Verlegerlegende Erik Weihönig zum »ganz weit offenen Vollzug« antreten. Die sog. »Amigo-Affäre« hat Konsequenzen: Gsella bekommt eine BahnCard Fist spendiert, Weihönig kürzt die Gehälter der restlichen Redakteure um die Hälfte.

1995

Riesenwirbel um den frisch gekürten Chefredakteur Oliver Mario Schmitt: Nur wenige Tage nach Stellenantritt verstrickt er sich in eine Affäre mit der blutjungen Praktikantin Monika Lebowski – angeblich. Nach Wochen, in denen Schmitt Redaktion und familiäres Umfeld mit pikanten Details seiner Liaison belästigt hat, dementiert die 17jährige Berufsschülerin vor dem eigens einberufenen Untersuchungsausschuß strikt. Sie habe »nicht im Traum daran gedacht, mit diesem notgeilen Esel was anzufangen«, der Spermafleck auf ihrem Kleid sei im übrigen Dönersoße, und von der Zigarre, die in Schmitts Erzählung eine nicht unwichtige Rolle gespielt hatte, sei beiden »kotzschlecht« geworden. Schmitt tritt zurück und wird von Lebowski wegen versuchter Körperverletzung ausgelacht.

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick