Inhalt der Printausgabe

Kleine Studierenden-Typologie

Seltsame Sekretärinnen, mürrische Mittelbauern, parasitäre Professoren: die Uni ist ein Biotop, in dem ganz unterschiedliche Lebensformen gedeihen. Doch auch jedes Studienfach hat seine eigenen Fachsitten, Fachgebräuche und Fachidioten – ein kursorischer Überblick.

Der Wirtschaftsinformatiker

Mindere Intelligenz und fehlende Sozialkontakte lassen dem Erbsenzähler unter den Studierenden nur eine Chance: Rache! Später wird er die Welt aus der Buchhaltung heraus brutal kleinrechnen und ­kaputtsparen; jetzt treibt er sein persönliches Google-Ranking durch Attacken auf osteuropäische Server in die Höhe. Unverzichtbar sind ihm Statussymbole wie Freizeithemden von Tommy Hilfiger, Frisuren von Diesel und Geld von Sparkasse.

Die Ökotrophologin

Futtern und Putzen sind ihre Hobbys, die sie mit dem Studium zum Beruf macht. Forscht praktisch an Nahrungsmitteln mit pharma­zeutischer Wirkung (Prozac-Brötchen gegen Nervosität, Kamillentee gegen Erkältung) und theoretisch an einer Neudefinition von »zu dick«, um sich selbst aus der Schußlinie zu bringen. Ihren künftigen ­Partner sucht sie über eine komplizierte Geheimformel (Zutaten: Body-Mass-Index, Konto­stand, Phosphorsäure).

Der Medienwissenschaftler

Er weiß: Wichtig ist nicht die Sache, sondern ihre Inszenierung; alles ist kulturell konstruiert, auch das »Studium« und dessen »Anforderungen« an »Originalität«. Deshalb macht es auch nichts, die Hausarbeit des Mitbewohners als die eigene einzureichen. Hochmotiviert widmet er selbst seine Freizeit der Medienforschung (Fernsehen, Videospiele) und ist stets gut gelaunt – vor allem wegen seiner hervorragenden ­Berufsaussichten in der Kommunikationsbranche (Call-Center).

Die Biotechnologin

Aufgrund eines verdrehten Mutterinstinkts will sie der Welt Leben schenken – aber besseres! Schleppt gern unattraktive Kommilitonen ab, um sie mit stundenlangen Vorträgen über Genetik zu betäuben und dann heimlich zu sterilisieren. Ist beleidigt, wenn man sie wegen des weißen Laborkittels für eine Medizinstudentin hält, da sie ja ­gerade daran arbeitet, Mediziner überflüssig zu machen. Bringt in die Mensa immer ihr eigenes Essen mit (Stammzellen II).

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick