Inhalt der Printausgabe

Die Ballade von Erwin und Horst

Von Thomas Gsella

 

 

Einst lebten zwei Männer im bayrischen Land,

Die waren als tödliche Feinde bekannt

Und mächtig nicht minder!

 

»Ach Mutterl, erzähl’ uns die packende Mär

Von Erwin dem Huber und Horst Seehofär«,

So betteln die Kinder.

 

Dann gehn s’ in den Keller und zapfen vom Faß

Dem Mutterl zwei kühle braungüldene Maß:

Zum Mutterl-Erweichen!

 

Die trinket das Mutterl, bis daß es erzählt

Von diesen »behämmertsten Krampen der Welt« –

In Anführungszeichen!

 

»Es wollten zwei Zausel den Stoiber beerben

Und sich vice versa die Suppe verderben.«

»Ach Mutterl, versalzen!«

 

»Ihr haltets die Klappe. Der Seehofer Horst

Zog mit ’ner Geliebten durch Wiese und Forst…«

»Ein Hoch auf das Balzen!«

 

»…und hat sie in mondfahler teuflischer Nacht

Mit Hilf ’ seines Dingsda zum Mutterl gemacht« –

»Ei, Mutterl, warst du es?«

 

Klatschklatsch macht das Mutterl, und schluckend fährt’s fort:

»Der Huber verriet es mit schändlichstem Wort.

Man müßt’ ihm…« – »Ja, tu es!«

 

»… das Tratschmaul verwemsen. Dem Petzer! Seht her«,

Wank schwenkt sie die Krüge, »sind beide schon leer!«

Die Kinderlein sputen

 

Und eilen mit perlendem Nachschub herbei

Und kriegen das zweitere Stück Sauerei

Vom Mutterl geboten!

 

 

II.

 

»So war nun der Seitensprung Horstis heraus,

Und mit dem Parteivorsitz schien es ganz aus.

Doch Horsti – kam wieder!«

 

Sie steht und sie schluckt und sie schreit wie von fern:

»Das Lustbrummerl rannte zum Tittenblatt Stern«

– Breit segelt sie nieder –

 

»Und lallte: ›Auch ich hab, fuck, Material!

Ich bin informiert! Und verlier ich die Wahl,

Dann geht’s durch den Ticker!‹«

 

Rotköpfige Kindlein erschaudern im Rund.

Sie blicken zum Mutterl und fragen leis: »Und?

Was wußte der Ficker?«

 

Das Mutterl nimmt Anlauf. Dann führt es die Maß

Zum Munde… und gluckgluck… und leer ist das Glas…

Und springt auf die Beine:

 

»Daß Beckstein und Söder, so wurde lanciert,

Mit ihren zwei Ollen, will sagen: zu viert…«

»O Gott! Diese Schweine!«

 

»… gehockt sind! Saunierend! Und alle vier nackt!«

Die Kinderlein würgen, von Ekel gepackt,

Und krächzen: »Und – Huber?!«

 

»Der schlimmste von allen! Es heißt, dieser Mann

Liebkoste sein Liebchen und…« – »Mutterl! Und dann?«

»Dann rutschte er druber!«

 

»Der Sausack!« Sie trinkt. »Doch ha-haltets euch fest:

Begonn’ hat St-Stoiber mit all dieser Pest:

Er zog sich zum Bade…«

 

»Was zog er, ach Mutterl?« – »Die Hose, o Graus!«

»Sich an, gell? Sag’s, Mutterl!« – »Ja scheißrein: sich aus!«

Bang packt sie die Kinder und flieht aus dem Haus:

So schließt die Ballade.

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt