Inhalt der Printausgabe

TITANIC-Ratgeber WKIII

Der Dritte Weltkrieg kommt bestimmt!

Gut vorbereitet zum Endsieg

Mit dem Irren in Teheran kann es so nicht weitergehen – da hat der Irre in Washington leider recht. Nachdem Schlagzeilen wie »Kommt jetzt der Dritte Weltkrieg?« (Flensburger Tageblatt) wochenlang um den Globus gingen, ist die Hoffnung auf den nächsten »Weltenbrand« (Allgäuer Zeitung) ins Unermeßliche gestiegen. Damit es aber nicht wieder so ein Chaos wie bei den letzten beiden gibt, ist gute Vorbereitung diesmal Pflicht!

»Vorsicht vor den Achsenmächten!« –

1. Unsere Armee muß wieder kriegstauglich werden

 

Noch vor 65 Jahren hielt unsere Wehrmacht die gesamte Welt in Atem. Während sich die Soldaten vor Stalingrad Frostbeulen holten, zitterte ganz Deutschland mit seinen Helden mit, hungerte vor dem Volksempfänger nach Frontnachrichten und fieberte dem Traum vom weltumspannenden Reich entgegen – total verschnupft zwar, aber immerhin loyal!

Wenn heute deutsche Soldaten im Ausland unterwegs sind, schauen alle furchtsam weg bzw. lieber Günther Jauch. Die Bilder sind aber auch zu schrecklich: Angsthasen in Bundeswehruniform, wie sie den Kindern im Irak beim Naseputzen helfen! Wie sie afghanischen Drogenbaronen die Mohnfelder bestellen und sich beim Pornogucken versehentlich selbst in die Luft sprengen!

Kein Wunder, daß selbst die fanatischsten Militaristen dieser Armee von Volltrotteln ihre Unterstützung entziehen, z.B. die Wehrexperten von Bündnis 90/Die Grünen. Doch auch andere namhafte Fachleute halten eine Reform unserer Verteidigung für unumgänglich, wenn wenigstens Deutschlands Ruf demnächst nicht beschädigt werden soll:

Charismatiker an die Heeresspitze

Scharping, Struck, Jung – mit solchen Verteidigungsministern kann man sich auch ohne Feind gleich in den Staub werfen. Durchsetzungsfähige und leicht reizbare Ober­befehlshaber wie Ferdinand Piëch, Ernst ­August von Hannover oder der jüngst ­wiedergeborene Ronald Schill könnten dem Amt seine Würde zurückgeben – da ­überlegen sich Aggressoren wie Polen oder Dänemark ihre ständigen Grenzprovo­kationen zweimal!

Generalmobilmachung

Alle waffenfähigen Männer zwischen 16 und 60 Jahren unterliegen ab sofort streng­stem Drill (u.a. Grüßen lernen, täglich ­Stube ­fegen, Kieser-Training). Sie können jederzeit ­einberufen werden und dürfen abends nicht mehr ins Internet. Kinder müssen ihr pädagogisch wertvolles Holzspielzeug ­wegwerfen, mit Zwillen aufeinander ­schießen und Härte lernen (Rammstein, Aggro Berlin). Frauen dürfen nicht mehr trösten, sondern müssen getröstet werden (von Fremdarbeitern).

Totale Aufrüstung

Die Lehre der Vergangenheit: Ein Weltkrieg wird erst durch Atombomben richtig »rund«. Deutschland muß sich daher sputen, seine Atomkraftwerke rechtzeitig auf Krieg umzu­stellen. Dazu werden abgebrannte Brenn­stäbe in großen Salatschleudern, die Zentrifugen ähneln, mit spaltbarem Kernmaterial (Haselnüsse, Mandeln) angereichert und erneut angezündet. Wenn es »bumm« macht, war der Atomtest erfolgreich; wenn nicht, erhält man eine Art Krokant, das als Wurfgeschoß im Nahkampf Verwendung finden kann. ­Anschließend aber nicht den Warnhinweis vergessen: »Dieser Krieg kann Spuren von Nüssen enthalten.«

2. Was an der Heimatfront zu tun ist

Wohin man in Europa auch guckt: Die Wehr- und Angriffsbereitschaft sinkt, die Menschen wollen nichts als ein eigenes iPhone, überall herrscht Friede (Springer). Doch auch wenn der Krieg noch weit weg erscheint, können Sie sich für den kommenden Ernstfall rüsten:

  • Ob Militärtechnik, Geopolitik oder Clausewitz: Seien Sie ­jederzeit über alles Kriegswichtige informiert. Nur wer jetzt schon die Aufstellung und Strategie aller beteiligten Mannschaften kennt, kann später vor der Wochenschau mitfachsimpeln.
  • Krieg bedeutet Leid – gewöhnen Sie Ihre Umgebung recht­zeitig daran. Kapitulieren Sie doch einfach mal vor Ihrer Arbeit! Hören Sie superlaut Feindsender (RTL-Radio, Bayern 1). Oder überfallen Sie am Wochenende Ihre Verwandten!
  • Nirgends ist es in kalten Kriegsnächten gemütlicher als im ­eigenen Bunker, wenn draußen das betörende Lied der Sirenen erklingt. Schließen Sie einen Bunkerbausparvertrag ab und planen Sie drauflos, es muß ja nicht gleich ein Führerbunker sein.
  • Falls es in Ihrer Nachbarschaft noch alte Bunker gibt: Die ­ganzen Bandproberäume müssen erst gelüftet werden, und jemand muß das Altglas wegbringen. Verstärker und Instrumente bleiben allerdings stehen, mit ihnen läßt sich später Bombenlärm übertönen bzw. machen.
  • Legen Sie Vorräte an. Im Krieg haben die Tankstellen abends und am Wochenende geschlossen. Bevorraten Sie sich insbe­sondere mit verderblichen Lebensmitteln (Frischkäse, Kiwis, belgische Sahnepralinen), diese werden gegen Kriegsende meist sehr knapp.
  • Halten Sie Ihren Körper durch lange Spaziergänge fit und stets alle Fluchtwege frei. Es schadet auch nicht, sich schon jetzt einen Bollerwagen zu kaufen und die eigene Altkleidersammlung zu pflegen.
  • Nehmen Sie Ihre Kinder regelmäßig zu Schieß- und Minenräumübungen mit. Kinder lieben es, wenn sie gezeigt bekommen, daß andere noch größeren Krach und größere Sauereien her­stellen können als sie selbst.
  • Falls Sie sich verlieben: Prüfen Sie, ob sich Ihre Künftige als Trümmerfrau eignet und auf urspünglich weibliche ­Tugenden zurückbesinnen kann: Socken stopfen, aus alten Handgranaten Speisereste zubereiten, abends daheimbleiben.
  • Da die Senderechte exklusiv an Guido Knopp vergeben werden, ist dem Dritten Weltkrieg eine ergreifende Geigenuntermalung sicher. Bannen Sie Ihre tränenreichen Zeit­zeugenkommentare auf Video; hinterher werden Sie sich an nichts mehr erinnern können.

3. Leser fragen – Experten antworten

 

Was braucht man für einen Weltkrieg? Wer macht mit?

 

Ein Weltkrieg braucht mindestens 13 683 946 Teilnehmer, die Kampfhandlungen sollten sich über den gesamten Erdball ­erstrecken. Wenn die USA einfach irgendwelche Bomben über Iran abwerfen, wird nach Ansicht von Experten kein richtiger Weltkrieg draus. Marschieren sie zusätzlich in Kanada oder Finnland ein, dann vielleicht schon.

 

Wer gegen wen?

 

Zunächst sollten sich die Teilnehmer anhand irgendeiner ­unversöhnlichen Konfliktlinie sortieren: Christen vs. Moslems, Kaffeetrinker vs. Teetrinker, Sozialdemokraten vs. Linkspartei. Später kann es zu taktisch bedingten Überraschungen kommen (Bush-Ahmadinedschad-Pakt, Waffenträger vs. Zivil­bevölkerung).

 

Wer fängt an?

 

Immer der, der fragt. Im Zweifelsfall sollten Sie Deutschen den Vortritt lassen: Alle bisherigen Weltkriege wurden von ihnen begonnen, sie können es einfach am besten.

 

Wie hält man die Gegner auseinander?

 

Die einen tragen rote Bändchen, die anderen blaue. Wenn alle Bändchen gleichermaßen schlammfarben erscheinen, liegen Sie im Schützengraben und müssen sich die Zeit bis zum näch­sten Frühjahrsregen mit Kartenspielen und Kartoffelschnaps ­vertreiben.

 

Was machen die Teilnehmer, wenn die Uno Friedenstruppen schickt?

 

Sofort losfeuern. Friedenstruppen haben in einem richtigen Krieg nichts zu suchen.

 

Was kostet das? Wer bezahlt das?

 

Krieg muß nicht teuer sein, wenn man überflüssigen Luxus (Afrikafeldzug, Arisierung) beiseite läßt und sich aufs Kern­geschäft (Krieg) konzentriert. Nach Protesten aus der Bevöl­kerung soll das Kriegsgeschehen diesmal von seinen Profi­teuren bezahlt werden (Großkapital, Guido Knopp).

 

Kann ich mich und meine Familie vom Krieg befreien lassen?

 

Ja. Bei Rewe werden die entsprechenden Formu­lare an der ­Kasse bereitgehalten.

 

Mark-Stefan Tietze

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick