TITANIC Gold-Artikel

Tari-Tara, die Parität ist da!

Brandenburg hat gesetzlich festgelegt, dass Parteien ihre Listen für den Landtag paritätisch besetzen müssen. Wie verändert das den Landtag, die Politik, das ganze Land? Und wo sollen die ganzen Frauen überhaupt herkommen? Eine Spurensuche.

Der Brandenburger Landtag sieht aus wie jedes Gebäude, das man betrachten muss, nachdem der Chefredakteur einen aus dem Bett geklingelt hat, damit man sich "den Wahnsinn mal ansieht": furchtbar. Auch im Stadtschloss ist alles mega abstoßend, bis uns jemand einen Kaffee in die Hand drückt. Das ging schnell. Nun haben wir die Kraft, unseren Kopf zu drehen. Seit das neue Paritätsgesetz verabschiedet wurde, ist im Landtag einiges los. Allerdings auch nicht mehr als sonst.___STEADY_PAYWALL___

Wir blicken uns um: Was hat sich denn seit der Neuerung geändert? Hier und da sehen wir einen Tupfen Farbe, einige Mähnen flattern vorbei, in der Ferne hört man manchmal ein schrilles Kichern. Ach, Frauen, so sind sie halt, wer kennt es nicht? Die größte sichtbare Veränderung ist die unglaublich lange Schlange vor den Damentoiletten. Ach, Frauen, so sind sie halt, wer kennt es nicht? "Das ist wirklich ein Problem", verrät uns eine der Wartenden, die nervös von einem Fuß auf den anderen trippelt. "Dadurch, dass wir so lange anstehen müssen, verpassen wir immer super viele Sitzungen und können an viel weniger Gesetzen mitarbeiten!" Woran liegt das? Da scheiden sich die Geister, wie es sich in einer Demokratie halt gehört. Weil Frauen mehr trinken, vor allem Sekt, meinen die einen. Weil es in ganz Potsdam nur eine Damentoilette gibt, meinen die anderen. Weil das System einfach noch nicht bereit für Gleichberechtigung ist und wir besser noch einige Jahrzehnte oder -hunderte warten sollten, das meinen die meisten.

Doch neben solchen alltäglichen Problemen gibt es auch größere Hürden zu nehmen: Was machen zum Beispiel Parteien, die nicht genug weibliche Mitglieder haben, um ihre Listen zu besetzen? Gesundschrumpfen? "Das hat uns wirklich vor ein Problem gestellt", erklärt der Brandenburger CDU-Vorsitzende, der lieber anonym bleiben möchte. "Wir haben schon überlegt, ob wir uns einfach Röcke anziehen, um die Listenplätze vollzukriegen. Können Sie sich das vorstellen? Absurd! Wie in diesen britischen Sketchen!" Er lacht so sehr, dass wir das Interview für einen Moment unterbrechen müssen. Dann fährt er, nur noch leise kichernd, fort: "Jetzt haben wir einfach alle Praktikantinnen des Landtages in unsere Partei aufgenommen. Da muss man aber höllisch aufpassen: Sobald man einen Moment nicht hinguckt, stimmen die sofort für eine flächendeckende Versorgung mit vollautomatischen Kaffeemaschinen!"

Doch wie sieht es bei den anderen Parteien aus? "Wir haben leider genau das gegenteilige Problem", seufzt eine junge Abgeordnete der Grünen, die das Gespräch mitgehört hat. "Seit der Robert unser Vorsitzender geworden ist, trauen sich immer weniger Männer, in die Partei einzutreten. Sie sind verunsichert, fühlen sich seiner unangestrengten Wuscheligkeit unterlegen. Und nun haben wir den Biosalat! Viel zu wenig Männer, um unsere Listenplätze zu besetzen!" Und wie soll dieses Problem gelöst werden? "Wir wollten mal bei der CDU anfragen, ob wir die Parteien nicht einfach zusammenlegen. Um schon mal auf Landesebene die schwarz-grüne Koalition unter Merz vorzubereiten … Das wäre klasse!" Die Parteien sehen die neuen Herausforderungen also als Chancen, bleiben flexibel. Das ist beruhigend zu sehen.

Der neu besetzte Landtag kann auch schon erste Erfolge präsentieren: So befinden sich jetzt in allen Abgeordnetenbüros vollautomatische Kaffeemaschinen. Aber wie geht es weiter? Viele sagen, dass durch den größeren Frauenanteil im Parlament fortschrittlichere Gesetze verabschiedet werden. Andere sagen, dass paritätische Besetzung nicht viel ändert, solange das System sich nicht ändert. Wir sagen Tschüs!, weil uns solche Diskussionen überfordern. Für den Weg noch einen Kaffee to go, bitte!

Laura Brinkmann

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg