TITANIC Gold-Artikel

Kastanien sammeln statt vergammeln

Immer mehr Seniorenanlagen setzen auf durchdachte pädagogische Konzepte. Für Angehörige stellt sich deshalb die Qual der Wahl: Welches Heim ist das beste? Staatliches Armenhaus oder privates Seniorenstift? Exklusiv oder inklusiv? Waldorf- oder vergangenheitsorientiert? Ein Ratgeber durch den aktuellen Heim-Dschungel.

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Waldresidenzen

Aus Skandinavien kommend, erobert die Waldgeriatrie längst den deutschen Mischwald. Die Idee: Den ganzen Tag draußen herumstrolchen, die Natur erfahren, und bei widrigen Bedingungen (Durchfall, Melancholie) lädt ein hutzeliges Holzhäuschen zum Aufwärmen und Entspannen ein. Die Alten lernen, dass sie ein Teil der Natur sind und jedes Geschöpf einzigartig ist, außer das Wildschwein, das mittags überm Feuer gegrillt wird. Freizeitmöglichkeiten schafft sich jeder selbst: ob Gehhilfen aus Astgabeln schnitzen, auf Stammbäumen balancieren oder Doktorspiele mit der Zeckenzange -- der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Abendausklang mit Met und Waldmeisterbowle. Pluspunkt: Der nächste Friedwald liegt gleich ums Eck.

Bitte mitbringen: Survival-Rommé, tragbare Outdoor-Urinflasche, Geld (ab monatl. 12 500 Euro).

Interkulturelle Seniorenanlagen

Auch wenn dies viele Grauköpfe erst mal nicht wollen: Fremde Kulturen und Lebensweisen kennenlernen stärkt das Einfühlungsvermögen und fördert Toleranz. Mittels selbstreflexiven Spielen ("Wer hat Angst vorm schwarzen Mann", Völkerball) erfahren die Alten, mit Fremdheit und Andersartigkeit umzugehen. Jammern in sieben verschiedenen Sprachen. Empirisch erwiesen: Menschen mit interkultureller Kompetenz erreichen nicht nur ein biblisches, sondern auch ein koranisches und talmudisches Alter.

Montessori-Heime

Die 1907 in Italien gegründeten Edelheime bieten größtmögliche individuelle Entfaltung: Jeder Mummelgreis entwickelt seinen eigenen Rhythmus, entscheidet selbst, ob er mitisst oder die Rotkohlpampe in den Schirmständer kippt. Ziel: Das Entdecken der eigenen Persönlichkeit. Wann, wenn nicht jetzt? Spielzeug aus 100 Prozent Naturmaterialien, darunter Schnabeltassen aus echten Entenschnäbeln. Schön: der kuschelige "Snoezelraum", vormals Sterbezimmer. 

Traditionelle Siechenhäuser (seit 1167)

Ideal für den kleinen Geldbeutel. Abseits der großen Städte improvisierte Holzverschläge, gruppiert um eine Kapelle. Morsche Bade- und Schwitzstuben sowie muffige Gemeinschaftsschlafräume sorgen für eine herrlich urige Atmosphäre. Bettbezüge in Lepra-Optik. Sommerfest mit Badern, Gauklern und Pestbankett. Mittelalter-Charme vom feinsten.

Moderne Bewegungsstifte

Däumchen drehen, das war einmal. Heute heißt es, Däumchen drehen und dabei auf einem Gymnastikball hüpfen, die alte Knochen  in Schwung bringen, auch mittels herabbaumelnder Schaukelringe oder eines Doppelrecks. Toilettentrakt erreichbar über eine Kletterwand. Abenteuer-Parcours bis zum Fernsehzimmer. Rhythmische Sportgymnastik mit bunten Leichentüchern. Bei chronischen Schmerzen helfen Medizinbälle. 

Checker-Domizile

In diesen Heimen wird auf die besonderen Entwicklungsbedürfnisse hochbegabter Greise eingegangen. Zusätzliche Fördermaßnahmen und anspruchsvolle Materialien über die normale "Hörzu"-Lektüre hinaus, z.B. Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiele mit bis zu 36 Figuren. Debattierkurse ermöglichen es den betagten Schlaufüchsen, sich in kleinen Gruppen intensiv mit interessanten Themen (Wiedereinführung D-Mark, Früher war alles besser) auseinanderzusetzen. Bilinguale Ansprache durch das Pflegepersonal in Deutsch und Altdeutsch.

Klassische Verwahranstalten

Pech gehabt: Resterampe für alle, die keinen anderen Heimplatz ergattern. Sterile Neonröhren, TK-Kaisergemüse, Eierlikör vom Discounter, Spielen mit veralteten Materialien (Kaufmannsladen, Brio-Dampfloks). Öde Gruppennamen wie "Die kleinen Mumien", "Urzeitkrebse" oder "Graugänse". Traurig. Besser frühzeitig anderweitig umschauen!

Ella Carina Werner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt