Vom Fachmann für Kenner | September 2019


Bewaffnung

Ich werde anderen Menschen zukünftig nur noch mit einem Welpen im Arm entgegentreten.

Teja Fischer

Habenwollen

Wenn ich Erich Fromms Buch »Haben oder Sein« verliehen habe, darf ich dann nach einiger Zeit sagen, dass ich es gerne zurückhaben würde, oder habe ich dann mal wieder gar nichts verstanden?

Ludger Fischer

Fast schon Werbung

Beim Einkauf von Grillklimbim stieß mir Kohle mit Öko-Siegel ins Auge, die damit warb, dass sie »erstaunlich gut« brennbar sei. Ja, wagen denn nicht einmal Reklamefritzen in Zeiten der durch Streamingwerbung seelisch verhornten Kundschaft noch das ganz grelle Ranwanzen? Was kommt als nächstes? »Schokoriegel – schmeckt scheiße wäre leicht übertrieben«? »Mehl – dare to call it unschwarz«? »Dildo – nicht schlecht für einen Schwanz«?

Jasper Nicolaisen

Stimmbildung

Unser Kirchenchor ist mittlerweile auch ganz schön in die Jahre gekommen. Man hört nur noch die Lagen Alt und Tremor.

Helge Möhn

Oberstudiodirektor

Im Gymnasion, das die maulfaule Jugend heutzutage ja meist als »Gym« bezeichnet, fühlte ich mich unlängst aufgerufen, drei jungen Menschen beizubringen, dass der »Bizep«, über den sie so gern sprechen, realiter »Bizeps« heißt. Einmal medias in res, klärte ich sie auch noch darüber auf, dass die entsprechende Pluralform nicht etwa, wie die finsteren bárbaroi vom Duden behaupten, »Bizepse« lautet, sondern selbstverständlich »Bizipedes« korrekt ist. Etwas nebulös wirkte auf mich notabene das Zucken des Musculus deltoideus, mit dem die juvenilen Gymnasten auf mein spontanes Seminar reagierten. Bedeutete es tiefe Dankbarkeit? Oder doch nur »Leck mich am Gluteus«?

Dr. Andreas Maier

Automobile Existenz-Metaphern

»Wie sagt man so schön: Ich will ein Leben auf der Überholspur.« – »Aber passt zu dir nicht eher: ein Leben auf dem Pannenstreifen?«

Jürgen Miedl

Nachtmusik

Letzte Nacht verirrte sich eine Mücke in mein Schlafzimmer. Soweit nichts Ungewöhnliches. Aber diese Mücke hatte etwas Besonderes an sich. Ihr Surren war ungewöhnlich laut und klang dabei fast wie eine menschliche Singstimme, von der Stimmlage irgendwo zwischen Alt und Sopran. Dünn zwar, aber immerhin! So was hört man nicht alle Nächte. Ich habe sie dann mit dem Programmheft der Oper erschlagen. So viel Zeit muss sein.

Dominik Wachsmann

Unpolitische Tiere: der Adler

Adler, Adler schweb empor
Du hast heute Großes vor
Flieg hinauf auf deinen Schwingen
Schwebe über allen Dingen
Segle, kreise, räsoniere
Sinne nach und meditiere
Über diese Frage nur:
War heute nicht die Müllabfuhr?

Gunnar Homann

Französisch für Anfänger

Zur Förderung der deutsch-französischen Verständigung habe ich mal eine Zeile eines beliebten deutschen Laternenumzugsliedes übersetzt: La Bimmel la Bammel la Boum.

Dorthe Landschulz

An der Peripherie

»Dies, mein Junge«, sagte der alte Mann, der sich neben mich auf die Bank gesetzt hatte, »dies sind nicht die Bretter, die die Welt bedeuten. Aber sind sie deshalb etwa weniger bedeutend?« Fragend sah er mich an. Ich wusste nicht, was ich darauf hätte antworten können, darum schwieg ich bedeutungsvoll und deutete durch eine sachte Kopfbewegung Zustimmung an. »Natürlich sind sie das, Dummkopf!« schrie er plötzlich, sprang auf und stürmte laut schimpfend, mit dem Gehstock in meine Richtung fuchtelnd, davon.

Tibor Rácskai

Redensart

»Das Glück liegt auf dem Rücken der Pferde«, sagen sie – und dann setzen sie sich einfach drauf!

Thomas Weyer

Zu ihrem Uniabschluss

wollte sich meine Freundin ein Cutting, ein Narbentattoo, zulegen. Ihr Freund hegte allerdings ästhetische Bedenken, sodass sie ihr Vorhaben verschob. Seit einiger Zeit sind die beiden allerdings getrennt, und die Sache ist damit geritzt.

Laura Brinkmann

Für zwischendurch

»Leute, da kommt ihr nie und nimmer drauf.«
»Worauf?«
»Sag ich doch.«

Thorsten Mausehund

Kriegsgeschäfte

Nach amerikanischem Vorbild sollen nun auch Reenactments der Schlachten Napoleons stattfinden. Diese Schauspiele können oft einen ganzen Tag lang dauern. Wer zwischendurch mal dem Ruf der Natur folgen muss, kann dies selbstverständlich kostenlos auf einer der bereitstehenden mobilen Festivaltoiletten (»Dixis«) tun. Gegen einen fairen Aufpreis kann man allerdings auch sein persönliches WaterLoo erleben.

Lorenz Fritzsche

Killing me soft–

Er sitzt in der Son–. In unserer Fußgängerzo–. Mit Saxoph–. Und einem kleinen Verstärk–. Er spielt zum Playba–. Immer nur den Anfang jeder Phra–. Es ist anstreng–. Bis zum Ende reicht die Luft ni–. I did it my–. El Condor pa–. Killing me soft–.

Peter P. Neuhaus

Engagiert!

Wer glaubt, dass Jogginghosen-Style gleichbedeutend mit beruflicher Selbst-Sabotage sei, hat noch nie in weißen Sweatpants bei einem Start-up in Berlin-Mitte vorgesprochen.

Dominik Mauer

Add Blue

Die Zeit, in der mit Ersatzflüssigkeit Bindenwerbung gemacht wurde, wird auch als die Blaue Periode der Werbeindustrie bezeichnet.

Tobias Speckin

Kollektives Delir

Schneeweißer Sand, metallisch scharfkantig verkrustetes Salz, brennende UV-Strahlung und gleißendes Licht – das sind die Attribute, von denen Millionen schwärmen, während sie von sogenannten »Traumstränden« faseln. Der eigentliche Todes- ist ihr Sehnsuchtsort, eine mineralische, strukturlose und desinfizierte Glutzone zwischen fruchtbarem Land und wimmelndem Meer, in der keinerlei Leben, sei es noch so klein, noch so hart, noch so schlau, die geringste Chance hat. Genauso wie die Toilettenschüssel zu Hause bei Hygienefanatikern.

Theobald Fuchs

Botanischer Imperativ

Mein Freund Bert spricht mit seinen Zimmerpflanzen, vergisst aber immer, sie zu bewässern. Darum hat er die neueste Gisbert genannt.

Cornelius W.M. Oettle

Ende aus

Nur für die Akten: Das einzige, was der Menschheit wirklich den Arsch retten kann, sind gepolsterte Radlerhosen.

Felix Scharlau

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt