Vom Fachmann für Kenner | April 2014


Traumdeutung

Neulich geträumt, ich wäre zum Tode durch das Fallbeil verurteilt worden. Ich war an Händen und Füßen gefesselt. Der Henker war ein Jugendlicher mit ironischem Vollbart und Nikolausmütze. Er spannte mich in die rund ausgesägte Kopf-Vorrichtung, nahm den Strick, der die tödliche Klinge auf meinen Nacken niedersausen lassen sollte, in die Hand und wollte gerade daran ziehen, als ich schrie: »Ich bin unschuldig!« Emotionslos sah er mich durch seinen hinterlistigen Bart an und sagte: »Hey Mann, chill mal dein Leben, hey hey.«

Moses Wolff

Tathergang

Den Eifersuchtsdialog zwischen Oscar Pistorius und seiner untreuen (und Sekunden später toten) Freundin kann ich mir nur so vorstellen, daß er sie fragte: »Was hat der andere, was ich nicht habe?«

Uwe Wittstock

Aufbauhilfe

Wenn mich am Telefon ein Mitarbeiter meines Telefonanbieters nach meinem Kundenkennwort fragt, tue ich erst immer so, als würde ich angestrengt überlegen, und sage es nach einer Pause dann auf. Und weil die Antwort immer ein ermunterndes »Ja, das ist richtig!« ist, rufe ich dort jetzt immer an, wenn ich persönliche Bestätigung brauche.

Jan Martin Weyers

Annehmen, wie sie sind

Skypen mit meinen Eltern verläuft in aller Regel so: Mein Vater schaltet die Webcam ein, die ein gröberes Bild zeigt als jedes Al-Qaida-Video. Er ist saisonunabhängig mit weißem Feinripp bekleidet und fragt ebenso saisonunabhängig, ob das Adria-Tief inzwischen bei mir angekommen sei. Meine Mutter steckt nach ein paar Minuten den Kopf halb ins Bild, um mir herzliche Grüße von völlig unbekannten Menschen auszurichten und zu versichern, daß sich ein Kuchen im Ofen befinde. Währenddessen hat mein Vater die Lust verloren und verabschiedet sich unabhängig von der Tageszeit in eine gute Nacht. Ich glaube, sie ertragen diese Art der Kommunikation genausowenig wie ich.

Regina Pichler

Städtepartnerschaften, die ich gern hergestellt sähe

Eisenach – Jerusalem (Witzerklärung: Das klingt so ähnlich wie dieses Spiel, wo man bei musikalischer Beschallung um Stühle herumrennt).

Torsten Gaitzsch

Netter Versuch

Im Posteingang eine Werbe-Mail von Lotto, Betreff: »Jackpot-Alarm: 2 Mio. EUR«. Ich habe sie natürlich sofort in den Papierkorb befördert. Zwei Millionen? Da bietet mir ja jeder Online-Viagra-Anbieter mehr als Erstkäufer-Prämie!

Nils Pooker

Grenzen der Naturheilkunde

Während mir mein früherer Arzt bei Kaliummangel immer Brausetabletten verschrieb, riet mir der neue Doktor, diese durch zwei bis drei Bananen pro Tag zu ersetzen. Prinzipiell finde ich diesen Ansatz sehr sympathisch, aber eines stört mich dabei schon: Die Dinger lösen sich im Glas ganz schlecht auf.

Tanja Schmid

Nur noch dreimal schlafen

Meine kürzlich mit Narkolepsie diagnostizierte Freundin freut sich schon wahnsinnig darauf, heute abend mal wieder mit mir essen zu gehen.

Nicolai Köppel

Bleichenfund

Als überzeugter Freund der kalten Jahreszeit und kauziges Nachtwesen, welches dem kollektiven Aufgehen der Masse in unmenschlichen Temperaturen und viel zuviel Licht während der übrigen Monate des Jahres skeptisch gegenübersteht, stellt der Frühling stets gesonderte Anforderungen an einen, verspürt man schließlich dann doch ab und an das Verlangen, sich kurzzeitig dem erbarmungslosen Feuerball auszusetzen und in seinem Antlitz zu wärmen. Die Haut über die Monate des Rückzugs in den eigenen Bau chamäleongleich an das winterliche Weiß wie an die Tapeten der eigenen vier Wände angeglichen, ist es nun umso wichtiger, ein ruhiges Sonnenplätzchen im Freien zu finden, welches so gering frequentiert ist, daß man gelassen eindösen kann, ohne Gefahr zu laufen, irrtümlicherweise im schönsten Schlummer von einer Delegation des Morddezernats geweckt zu werden, nur weil irgendein Jogger wieder einmal voreilig zum Telefon gegriffen hat.

Fabian Lichter

Nachricht an meine Facebook-Freunde

Soeben habe ich den seit Jahren total verstaubten Bildschirm meines Laptops gesäubert, von dicken Schlieren und groben Tapsern befreit und anschließend ein wenig auf Facebook herumgesurft – ich weiß, das soll man nicht tun, es bringt ja nichts! Jedoch ist es nun zu spät, denn: BOAH! ALTER SCHWEDE! Viele von euch sind unsagbar dick und wirklich unansehnlich geworden, manche andererseits erscheinen mir so dünn und ausgezehrt, daß es schon nicht mehr gesund aussieht! Jedenfalls: Ich würde bitten, falls wir uns wieder einmal im echten Leben treffen sollten – kann man ja nie so ganz ausschließen! –, dann kaschiert das doch irgendwie; ich meine, ich habe ja auch ein Recht auf Ästhetik bzw. Menschenwürde und so. Außerdem scheinen manche von euch hauptberuflich für Facebook zu schreiben – ist doch schön, daß es was einbringt, finde ich echt nicht selbstverständlich! Und ist, nebenbei bemerkt, ein gangbarer Weg, die eigene kreative Nullkapazität im Nirwana der Unaufmerksamkeit verhallen zu lassen, und zwar ohne daß jemand Unbeteiligtes ernstlichen körperlichen Schaden nimmt! Bei wieder anderen hat es den Eindruck, als würden sie noch immer denselben Mist wie früher studieren – sagt mal, wann seid ihr denn fertig bzw. was sagen eigentlich eure Eltern dazu? Ach so, ihr wohnt ohnehin noch daheim? Und was ist mit diesen »ewigen Singles«, findet ihr denn tatsächlich NIEMANDEN? Ach du Scheiße, seht euch doch an! Wer möchte mit einer besseren Umweltkatastrophe im Bett landen, wer mit einem veritablen Zombie eine Familie gründen? Wie? Ihr seid sowieso impotent bzw. wißt nicht, wie man Kinder – … naja, hätte ich mir eigentlich denken können. An die Fraktion mit den Rechtschreibproblemen: Meine Güte, was hat man euch angetan bzw. eben gerade NICHT angetan, damals im Unterricht? Und ihr pseudovirilen Heterosportler (»… ist in einer Beziehung mit Selina Sexbombe«), mit euren gestellten Actionfotos der Superidioten-Kategorie: Schon klar, daß euch irgendwas im Leben fehlt, aber scheiße, was kann denn ich dafür? Hallo?!

Circa genauso rasselten mir die Gedanken durch den Kopf. Dann habe ich den Bildschirm in einer spontanen Anwandlung mit Butterschmalz eingerieben und anschließend mit Mehl überzuckert, und siehe da: Seither geht’s mir wieder besser; viiiel besser sogar…

Sebastian Klug

Heinz Erhardt für Depressive

Immer trink’ ich einen Korn.

Valentin Witt

Berufliche Neuorientierung

Im Zuge der ganzen Diskussion über Datensicherheit bin ich auf ein Berufsbild gestoßen, das durchaus meinen Interessen entspricht: der Penetrationstester. Aber ich möchte betonen, daß ich diese Tätigkeit eher nicht im Umfeld der IT-Branche ausüben möchte.

Helge Möhn

Jetzt schon an die Zukunft denken

Uns Kinderlosen bleibt in erinnerungswürdigen Situationen immer noch der Ausruf: »Ach, das kann ich später alles mal meinem Therapeuten erzählen!«

Tina Manske

Unser Pfarrer Lübke (3)

Nachdem der neue Papst neulich sagte, er wünsche sich eine arme Kirche für die Armen, lief unser alter Pfarrer Lübke sofort ins Wirtshaus an den Stammtisch und verkündete dort mit einem Augenzwinkern, der Herrgott sei nun offenbar vollkommen bankrott, und wenn die hier versammelten Honoratioren nicht wünschten, daß er, Lübke, verhungere oder in den Schuldturm geworfen werde, dann müßten sie ihm jetzt aber subito eine Maß Bier hinstellen und ein schönes Stück vom Krustenbraten. Und so geschah es. Unser Pfarrer Lübke ist schon ein richtiger Filou.

Tibor Rácskai

Ganz modern

Immer wenn mein treues altes Handy neidisch aus seiner 0,5-Megapixel-Kameralinse auf all diese neuen Smartphones um uns herum schaut − und weil ich im Regen keine SMS lesen kann −, wische ich ihm zärtlich übers Display.

Frederik Moche

Schon richtig

Als mir eine Partybekanntschaft kürzlich verriet, im »Change Management« einer großen Bank zu arbeiten, war ich doch sehr beeindruckt ob der Herausforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft und den großen Fragen der Nachhaltigkeit, mit denen sie sich tagein, tagaus beschäftigen muß. Auf weitere Nachfrage fand ich dann heraus, daß es sich beim Arbeitgeber der Dame um die Spielbank Hohensyburg handelt und sie am Eingang Bargeld gegen Jetons wechselt. Ich hatte also nicht unrecht. Und obendrein hat sie noch mit Menschen zu tun.

Kay Hinz

Rauchverbot

Jeder Anti-Raucher-Kampagne zum Trotz stößt man in deutschen Betten mit der Zigarette danach auch heute noch weitgehend auf Toleranz. Die Zigarette zwischendurch sieht man da anscheinend schon kritischer.

Michael Schilling

Wunsch und Wille

Kaum noch vorstellbar sei es, berichtet die Großmutter, was die Wahl des Fernsehprogramms früher noch für Streit und Unmut in der Familie ausgelöst habe. Selbstverständlich habe der Großvater dabei immer seinen Willen durchgesetzt. Nach dessen Tod habe dann kaum noch jemand ins Fernsehen geschaut, weil alle nun immer das hätten sehen können, was sie wünschten. Die Programmwahl des Großvaters sei wahrscheinlich immer genau die richtige gewesen.

Ludger Fischer

Unerträglich

»Erschöpft von unerträglichen Strapsen« hatte ich gelesen und entsprechend mitgelitten. Im Text stand aber in Wirklichkeit »Strapazen«, na gut, Verzeihung.

Mark-Stefan Tietze

Wohl oder übel

Wenn ich eine Gleichgewichtsstörung simuliere, ist das dann Schwindel?

Tina Wirtz

Tierisch gut

In der letzten Ausgabe dieser Rubrik trugen verhältnismäßig viele Autoren Tiernamen – Wolff, Hahn, Fuchs, Fisch(er), Strauß –, woraus ein unmittelbarer Zusammenhang mit hochqualitativer Satire zu folgern ist. Nachdem mir mein Therapeut fortwährend zurät, forscher und selbstbewußter aufzutreten, sieht es zumindest so:

Thorsten Mausehund

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg